Alt-Katholisches-Forum.de
  Aus Liebe zum Glauben
 
 
 
    l  Registrieren   l  Login   l  FAQ   l  Suchen   l  reg. Gäste   l  Mitglieder   l  Ihr Profil   l  Ihr Postfach   l  Bistum   l
 
 
 
 
 

Der Teufel ist los! Pille gegen das Böse?

 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen    Alt-Katholisches-Forum.de Foren-Übersicht -> Christen heute
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
André Golob



Anmeldedatum: 21.10.2006
Beiträge: 129
Wohnort (nur bei Vollmitgliedschaft erforderlich ): 46236 Bottrop

BeitragVerfasst am: 16.07.2007, 22:35    Titel: Der Teufel ist los! Pille gegen das Böse? Antworten mit Zitat

Der Teufel ist los -
Renaissance des Exorzismus

„Die Sau gehört mir“. Unter animalischen Lauten ergießt sich ein ekelig grüner Schwall Erbrochenes über das Kruzifix in den Händen des betagten Priesters. Das zur Fratze entstellte Gesicht eines jungen Mädchens schreit in Dolby Surround. Ihr Körper wird wie von unsichtbaren Kräften hin und her geworfen. Dies ist eine nervenzerreißende Szene aus dem 70er Jahre Hollywood-Klassiker „Der Exorzist“. Dargestellt wird eine Episode aus dem gleichnamigen Roman des US-Schriftstellers Peter Blatty.

Nach wahren Gegebenheiten will er das Buch geschrieben haben, so versichert der Klappentext. Horrorstreifen, die dämonische Besessenheit und Exorzismen zum Thema haben erleben zur Zeit eine Renaissance.

Exorzismus in Franken

Vor fast 30 Jahren starb im Bayrischen Klingenberg am Main eine junge Frau nach einer Teufelsaustreibung. Dieser tödliche Exorzismus diente gleich zwei weiteren Filmen als Vorlage, die vor nicht all zu langer Zeit kurz hintereinander in den Kinos liefen. Zunächst ließ der Psycho-Schocker „Der Exorzismus der Emily Rose“ aus den Werkstätten Hollywoods das Blut in den Adern gefrieren. Später folgte das sensible und anspruchsvolle Familiendrama „Requiem“, ein Meisterwerk des renommierten deutschen Regisseurs Hans-Christian Schmid.

Der Stoff aus Klingenberg taugt für beide Varianten: Es ist die Geschichte einer jungen Studentin namens Anneliese Michel, von der es hieß, sie könne keine Heiligenbilder mehr ansehen und sie zerstöre wie unter Zwang alle Bilder von Jesus, die ihr in die Hand fielen. Auch könne sie in der Kirche die Knie nicht beugen und habe panische Furcht vor der Berührung mit Weihwasser. Mitglieder der ländlich geprägten, römisch-katholischen Familie deuteten all das als Zeichen, dass hier Dämonen Besitz ergriffen haben müssen von der jungen Seele. An dieser Haltung konnten auch die Diagnosen mehrerer Ärzte nichts ändern, die der jungen Frau sowohl eine schwere Psychose als auch Epilepsie attestierten. Das Mädchen, so erzählte ihre Familie damals, soll sich ins Gesicht geschlagen haben, bis es voller Hämatome war, soll den Kopf auf den Boden geschlagen haben, und in die Wand gebissen haben, bis ihre Zähne splitterten. Sie kniete und erhob sich wieder aus der knienden Position mit so unglaublicher Geschwindigkeit, dass ihre Knie anschwollen und vereiterten, ohne dass sie deswegen nachließ.

Zuletzt, schildern Zeugen, sei Anneliese deswegen nachts festgebunden worden, ihre Schreie sollen unerträglich gewesen sein. Der damals als Exorzist tätige Jesuit Adolf Rodewyck stellte „teuflische Besessenheit“ fest, worauf der Würzburger Bischof 1973 die Erlaubnis zur Austreibung erteilte. Nach 76 exorzistischen Sitzungen gemäß den Maßgaben des römischen Rituale von 1614 starb die junge Studentin aus Mangel an ärztlicher Versorgung und Unterernährung.

Succubi, Incubi und Co.

Gibt es das: dämonische Besessenheit? Kann ein unreiner Geist, ein Dämon, gar der Teufel selbst Besitz nehmen von einer unschuldigen Seele? Oder handelt es sich bei diesen Vorstellungen um primitiv-religiöse Gedankenwelten oder alte schamanische Rudimente? Schlüpft hier der Priester in die Rolle eines Medizinmanns?

Es überrascht wie vielen christliche Richtungen die Vorstellung verlockend erscheint, das Böse in Person lauere täglich seinen Opfern auf und nur ständiges Gebet hielte es in Schach. Damit befinden sie sich in prominenter Gesellschaft. Kein Geringerer als Thomas von Aquin z.B. glaubte, weibliche Sexualdämonen (succubi) raubten Männern dem Samen, um als männliche Dämonen (incubi) transformiert Frauen zu vergewaltigen und so zu schwängern. Der große Kirchenvater glaubte, dass aus solch unheiligen Verbindung behinderte Kinder - die Kinder des Satans - hervorgingen.

Der Glaube an solch Absurditäten scheint ungebrochen. So unterhält die vatikanische Universität seit kurzem einen eigenen Studiengang für Exorzisten. Der Unterricht im vatikanischen Hogwarts, dem in Kirchenkreisen höchst angesehenen Athenaeum Pontificium Regina Apostolorum, umfaßt Vorlesungen über die Geschichte des Satanismus und beinhaltet praktische Seminare in Psychologie, Recht und Liturgie. Aus dieser Perspektive darf es nicht überraschen, dass Johannes-Paul II. mit Erfolg selbst mehrere vermeintliche Teufelsaustreibung vornahm, zuletzt im Jahre 1982 bei einer 22jährige Frau, die sich durch plötzlich auftretende Krampfanfälle und gewalttätiges Verhalten gegenüber ihrer Familie auszeichnete.

Es macht nachdenklich, dass die anglikanische Kirche scheinbar in dieser Hinsicht die Positionen der römischen Kirche teilt. Es ist kein Geheimnis, dass jede anglikanische Diözese in der Tat auch einen Exorzisten beschäftigt. Trotzdem möchte man dies nicht an die große Glocke hängen, denn die englische Presse berichtet immer häufiger über Todesfälle bei solchen Ritualen. Jedoch geht es hier ausnahmslos um Opfer afrikanischer Riten. Denn Dämonenaustreibung ist kein Domäne nur christlicher Exorzisten. Exorzistische Rituale kennen fast alle Religionen und sie stehen gerade in afro-amerikanischen, animistischen Religionen - zu denen auch die Pfingstgemeinden zählen - hoch im Kurs.

Die Anthropologieprofessorin der Universität Ohio, Felicitas D. Goodman, unterscheidet zwei Formen von Besessenheit: eine afrikanische, schamanische Variante und eine eurasische, wenn man so will katholische. Letztere charakterisiert sie als besonders hartnäckig und erschreckend. Sie selbst kommt entgegen der medizinischen Einschätzung nach einer langjährigen Studie des Anneliese-Michel-Falls zu einem anderen Ergebnis: dass in Klingenberg nämlich tatsächlich eine echte Besessenheit vorlag.

Ein 400 Jahre altes Ritual

Als moderates Mittel zur Austreibung böser Geister galt in der römisch-katholischen Kirche bislang das letzte Kapitel des Rituale Romanum von 1614 mit dem Titel „De exorcizandis obsessio a daemonio“ (dt: wie von Dämonen Besessene zu exorzieren sind). Im Januar 1999 kam aus Rom die überraschende Nachricht, dass der Vatikan erstmals seit 1614 einen neuen Ritus für den Großen Exorzismus vorgestellt habe. Diese Neuausgabe wurde von der Presse überwiegend mit Spott aufgegriffen.

Sie trifft in eine Zeit, in der das okkulte Hochkonjunktur und Satanskulte weiterhin Zulauf zu haben scheinen. Nach einer Forsa-Umfrage glaubt jeder vierte Deutsche an den leibhaftigen Teufel, 49 Prozent halten ihn allerdings für eine Erfindung der Kirche. Jeder zweite Bundesbürger ist der Meinung, dass der Teufel in jedem von uns sei, als unsere dunkle Seite. 14 Prozent meinen gar, man könne ihn austreiben, oder auch einen Pakt mit ihm schließen wie Goethes Faust. Dabei glauben vor allem junge Menschen zwischen 18 und 29 Jahren, dass der Teufel existiere, Katholiken mit 28 Prozent häufiger als evangelische Christen mit 22 Prozent. Doch macht man es sich nicht zu leicht, wollte man Auschwitz, Hiroshima, Srebrenica dem Verantwortungsbereich des Menschen entziehen und alles Übel in der Welt einer mythologischen Bocksgestalt in die Schuhe schieben? Das wäre eine zu einfache Antwort auf die Theodizeefrage.

Die Gefahr des Dualismus

Das Erscheinen von Teufeln und dämonischen Gestalten (malum cosmicum) ist ein Phänomen in der Entwicklungsgeschichte vieler Religionen. Meist wurden die Götter verfeindeter Völker und Kulturen zu Dämonen herabgestuft. So machten die Juden aus dem semitischen „Herrn der Erde“ baalzebul einen „Herren der Fliegen“ beelzebub (2Kön 1,2) und der Autor der Johannesapokalypse aus dem griechischen Gott Apollon den satanische Engelskönig Abaddon (Offb 9,11).

Gerade christliche Polemiker haben Götter und Himmelsgestalten nichtchristlicher Religionen oftmals zu bösen Geistern degradiert. Es gibt jedoch religiöse Richtungen, in denen das Böse eine Eigendynamik entwickelt. Der Teufel wird nicht mehr als von Gott geschaffen betrachtet, wie z.B. der Satan des Alten Testamentes (Hiob1,6), sondern als uranfänglich und Gott ebenbürtig. Dem guten Gott steht also die Verkörperung eines bösen Prinzips mit gleich großer Macht gegenüber. Die Gefahr eines solchen dualistischen Weltbildes entsteht immer dort, wo die Güte eines Gottes unvereinbar erscheint mit den schlechten Dingen in der Welt. Man macht also jemand anderen für das Übel verantwortlich. Im nachexilischen Judentum und in der Geschichte des Christentums lassen sich solche Tendenzen da feststellen, wo das malum cosmicum die Rolle eines Gegenspielers oder Widersachers Gottes einnimmt.

Religionswissenschaftler führen dies auch auf den Einfluß des altpersischen Zoroastrianismus, der dualistischen Lehre des Propheten Zarathustras, sowie orientalischer Mysterienkulte zurück. Originär jüdisch oder christlich sind sie nicht. Stehen sich Gott und Teufel gleich stark gegenüber, dann handelt es sich weder um Monotheismus noch um die Lehre Jesu Christi, das steht fest. So kommt der Figur des Teufels, vor allem bei der Suche nach der Ursache des Bösen, in der Bibel keine wesentliche Rolle zu. Das Apostolischen Glaubensbekenntnis wie das Nizänum scheinen den Teufel und seine Heerscharen erst gar nicht zu kennen.

Zudem ist ein, dem Großen Exorzismus des Westens vergleichbarer, Ritus der östlichen Liturgie gänzlich unbekannt. Es entbehrt einer gewissen Komik nicht, dass sich im tragischen Falle der Anneliese Michel die Dämonen sogar namentlich vorstellten. So vernahmen die Exorzisten z.B. die Stimmen von Adolf Hitler und Kaiser Nero. Doch aus dogmatisch-kirchlicher Sicht hören Verstorbene sogar im Zustand der Verdammnis nicht auf Menschen zu sein, und können somit weder zu Dämonen oder Teufeln, noch zu bösen Geistern werden.

Liturgie zur Befreiung vom Bösen

Die Gefahr eines, der christlichen Lehre entgegenstehenden, Dualismus´ weist auch der große Exorzismus von 1614 auf. Dies konstatierten vor allem die deutschen Theologen unter der Leitung des Liturgiewissenschaftlers Emil Joseph Lengeling, die im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz über eine Revision des Rituales nachdachten. 1979, drei Jahre nach dem Tod von Anneliese Michel und seinem juristischen Nachspiel, sah die DBK die Zeit gekommen, eine Expertenkommission bestehend aus Theologen, Ärzten und namhaften Humanwissenschaftlern mit der Überarbeitung zu betrauen.

Die Ergebnisse, die sie „Liturgie zur Befreiung vom Bösen“ nannte, wurden der zuständigen römischen Kongregation vorgelegt. Das neu herausgegebene Rituale zeigt jedoch, dass die deutschen Revisionsvorschläge - wohl wie so häufig - im vatikanischen Papierkorb gelandet sind. Zumindest sind die entscheidenden Erkenntnisse der Kommission nicht in die Neuausgabe des Rituale miteingeflossen. Damit ging die Hoffnung der Bischofskonferenz zunichte, der Entwurf hätte dazu beitragen können, dass der aus einem fremden Weltbild stammende Exorzismus einer Liturgie zur Befreiung vom Bösen Platz mache.

Aberglaube statt Liturgie

Das griechische Wort έξορκίζειν kann „schwören lassen“ wie „beschwören“ heißen und meint dem Sinn nach „jemanden inständig anrufen und dazu veranlassen etwas zu tun“ (vgl. Mt 26, 63; Mk 5,7; Apg 19,13). Auch das lateinische Pendant „exorcizare“ hat in liturgischen Texten diese Grundbedeutung und wurde bis zur Liturgiereform des Zweiten Vatikanums vor allem bei Sachbeschwörungen, wie etwa der vorkonziliaren Taufwasserweihe verwendet. In der altkirchliche Literatur wird „exorcizare“ hingegen nahezu ausschließlich in der Bedeutung von „Vertreibung böser Mächte“ benutzt.

So versteht Augustinus unter Exorzieren „den unreinen Geist mit Beschwörung durch Göttliches vertreiben“. Zu unterscheiden sind dabei imprekatorische Exorzismen, an böse Geister gerichtete Befehle, eine Person, ein anderes Lebewesen oder einen Gegenstand zu verlassen, von deprekatorischen Exorzismen, nämlich an Gott gerichtete Gebete um Befreiung vom Bösen.

Da es sich bei den Exorzismen der katholischen Kirche um Liturgie handelt, Liturgie aber per definitionem ein Dialog zwischen Gott und Mensch ist, kann nur Gott der letzte Adressat allen gottesdienstlichen Handelns sein. Eine liturgische Feier kann sich daher nur an Gott richten, so dass ihr allein eine deprekatorische Haltung vor Gott angemessen ist. Dem gegenüber ist der aus der römischen Tradition überkommene imprekatorische Exorzismus höchst bedenklich, spricht er doch - ganz unabhängig von der Frage nach einer personalen Sicht des Bösen - den Teufel innerhalb einer gottesdienstlichen Feier an. Teufelsaustreibung in der Form eines Befehls verweist auf einen abergläubischen Hintergrund, dies betonte die Revisionskommission gegenüber Rom – vergebens. Das trifft ebenso auf imprekatorische Exorzismen innerhalb des Taufritus zu, die den Eindruck erwecken, die Kirche halte jeden nichtgetauften Erwachsenen und selbst den Säugling für vom Teufel besessen. Es ist kaum zu übersehen, dass einer solchen Liturgie ein dualistisches, abergläubiges Weltbild zugrund liegt.

Automatismen der Seelenzerstörung

Es gibt kaum einen ernst zu nehmenden Theologen, der heute noch von der Existenz des Bösen in personifizierter oder substantieller Form ausgeht. Die Zeiten als Kirche den Teufel und seine Heerscharen für eigene Zwecke instrumentalisierte und unbequeme Kritiker als Satans Spießgenossen den Flammen der Inquisition übergab, sind Vergangenheit. Dennoch wollen manch Kirchenleute auf den Satan nicht verzichten. Gerne wird argumentiert, dass auch in den Evangelien - wenn auch nicht in allen - von Dämonenaustreibungen die Rede ist. Die Fähigkeit das Böse auszutreiben offenbare die Macht des von Gott gesandten Menschensohnes.

Auch wenn dies stimmt, so ist doch Jesu Wirken eingebunden in die Weltsicht seiner Zeit und Kultur, in der die natürlichen Ursachen vieler Krankheiten (z.B. Epilepsie, Tourette-Syndrom, Morbus Huntington-Chorea) nicht bekannt waren und manche als Besessenheit gedeutet wurden. Horizonterweiternd sind in dieser Hinsicht die Erkenntnisse der tiefenpsychologischen Exegese, die uns lehrt hinter die Bilder und Metaphern der Offenbarung zu blicken. Mancherlei kann man sich vorstellen unter einem Besessenen. Aber ganz sicher wird man bei einer solcher Erkrankung an einen Menschen denken müssen, der zutiefst an sich selbst leidet, ausgeliefert und heimgegeben jeder Art psychischer Unfreiheit und Angst.

Diese Erkenntnis schult zugleich den Blick für die Dämonie unserer postmodernen Gesellschaft und ihre Mechanismen alltäglicher Seelenzerstörung, die den Menschen seiner Autonomie beraubt. Hollywood mag diese aufgeklärte Sicht von der Bibel ignorieren. Mit der tiefsitzenden Furcht vor den Nachtmahren der Kindheit lassen sich mehr Dollars machen. Auch wenn die Sammlungen der Brüder Grimm manchen Horror-Drehbüchern als Vorlage dienen könnten, so sind sie doch allesamt Zeugnisse eines Aberglaubens, der der christlichen Lehre entgegensteht. Manch Theologe wünschte sich sehnlichst die Existenz von Teufeln, Dämonen und Hexen herbei, denn mit dem Rituale unter dem Arm lebte es sich einfacher als mit dem Theodizee im Kopf.

André Golob
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
André Golob



Anmeldedatum: 21.10.2006
Beiträge: 129
Wohnort (nur bei Vollmitgliedschaft erforderlich ): 46236 Bottrop

BeitragVerfasst am: 02.08.2007, 12:49    Titel: Leserbrief Antworten mit Zitat

Ich erhielt am 5. Juli folgenden Brief zu meinem Artikel. Diesen sowie meine Erwiderung möchte ich den Lesern nicht vorenthalten, da der Briefwechsel wegen seines Umfangs nicht in „Christen Heute“ abgedruckt werden kann. Aus rechtlichen Gründen wird der Verfasser des Leserbriefes nicht genannt.



Leserbrief

Lieber Herr Pfarrer Golob

Mit großem Interesse habe ich Ihren Artikel in der neuen „Christen heute“ gelesen. Leider mußte ich feststellen, daß der Artikel etwas einseitig geraten ist – auch ist die Tendenz den Teufel als das personale Böse in die Mythologie zu verweisen deutlich zu spüren.

Es bleibt die letzte Frage ob es dienlich ist (vor allem für die gläubigen Leser), die halbe Wahrheit als die Gesamt-Realität der geistigen Welt zu präsentieren. Was sich denke ich auch als bedenklich herausgestellt hat, ist sich auf den Zeit-Geist blind zu verlassen ... er ist nicht immer deckungsgleich mit dem Heiligen Geist – mit dem Geist des Heiles.

Ich habe einen Text zum „Fall Klingenberg“ beigelegt und möchte insbesondere darauf hinweisen, daß es einige Phänomene (Unterscheidung von geweihten und ungeweihten Gegenständen, Sprechen in fremden Sprachen, Aussagen über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft; das Bewegen von Gegenständen .. siehe Text) gibt, die kein Wissenschaftler erklären kann und die man auch nicht als Geisteskrankheit abtun kann.

Ein weiterer Text, der zumindest einmal betrachtet werden sollte, stammt aus Klaus Bergers „Jesus“ ... ich weiß daß er umstritten ist jedoch sollte man auch bedenken, daß es nicht sicher ist, ob der derzeitige „mainstream“ in der Theologie das ist was Jesus lehren wollte ...

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit


Anlage: - Kaplan Christian Sieberer: Kommentar zum „Fall Klingenberg“, Anneliese
Michel (7 Seiten)
- Klaus Berger: Der dämonische Kontext Jesu ( S. 247-267)



Meine Antwort vom 07.07.07 auf den Leserbrief:


Sehr geehrter .... ,

herzlichen Dank für Ihr Schreiben bzgl. meines Artikels über die Renaissance des Exorzismus. Ich freue mich immer wieder, wenn ich höre, daß es doch einige Menschen gibt, die unsere Kirchenzeitung lesen, denn ich befürchte das sind nicht die meisten.

In der Tat, wie Sie richtig vermuten, glaube ich weder an die Existenz von Teufeln oder Dämonen noch an Spiritismus und ähnliche Dinge. Dies hat nichts mit der Anbiederung an den Zeitgeist zu tun sondern erwächst aus wissenschaftlichem Sachverstand. Als Religionswissenschaftler und Religionsphänomenologe weiß ich um die Entstehung solcher Gestalten, die vor allen in primitiven Religionen wie dem Schamanismus eine zentrale Stellung einnehmen und in einigen Religionen einen dualistischen Gegenpart zum guten Gott darstellen wie im persischen Parsismus (Angra Mainyu). Im Christentum haben solche Vorstellungen nichts zu suchen. Es handelt sich meiner Meinung nach, ähnlich wie beim Satanismus, um schlichten Aberglauben.

Die Stellen, die uns in der Bibel von abgefallenen Gottessöhnen (Dtn, Hiob) oder Exorzismen (NT) berichten gilt es zu entmythologisieren und ihre Bilder zu entschlüsseln. Es besteht für uns Abendländer die latente Gefahr orientalische Bücher, und dazu gehört auch die Bibel, miß zu verstehen und fehl zu interpretieren. Nehmen wir die Hl. Schrift im fundamentalistischen Sinne wörtlich, so werden wir dem großen Schatz der Offenbarung nicht gerecht und kratzen nur an der Oberfläche. Anzunehmen die Geschichte von der Sturmstillung in Mt 14, 22-33 z.B. würde von der Überwindung von Naturgesetzen berichten würde dem Kern der Perikope nicht gerecht und degradierte Jesus zu einer Art David Copperfield-Magier. Deshalb ist zur Bibelauslegung ein jahrelanges Theologiestudium vonnöten. Wir müssen lernen, was wir schon lange verlernt haben, hinter den Bildern der Bibel den unendlich frohmachenden Schatz zu erkennen, den Gott für uns bereithält – eine echte Lebenshilfe. Wir müssen lernen die Bibel zu entschlüsseln. Es gab in der Geschichte der Menschheit immer wieder Persönlichkeiten die haben dies erkannt wie z.B. der Mystiker Meister Eckehart, der bereits im Mittelalter der tiefenpsychologischen Exegese vorausgegriffen hat. Er schöpfte seine Kenntnisse aus der mystischen Berührung mit Gott. Die in der Hl. Schrift tradierten Exorzismen zeigen uns, wie wir unser Leben zu gestalten haben, wie unmenschlich und gottlos es ist Menschen ihrer Autonomie zu berauben und sie zu knechten und richtet sich scharf gegen jede Form von Entfremdung, Vergewaltigung und Utilitarismus. Statt mit der frohen Botschaft die Entwicklung unserer Gesellschaft zum Guten voranzutreiben, haben sich leider manche Kirchen in dogmatischen Spitzfindigkeiten verzettelt und in Versuchen durch magische Rituale böse Geister zu kontrollieren - während in der Welt jede Sekunde ein Kind an Hunger stirbt. Auch ein Heer von Tausend Exorzisten hätte Auschwitz nicht verhindern können. Wir dürfen unser Hirn nicht an der Kirchentüre hinterlegen und die Verantwortung für das Böse in der Welt abgeben an altorientalische Schreckgestalten und Kobolde. Im Gegenteil, wir müssen bekennen, daß w i r für unsere Mitmenschen zu Dämonen werden, indem wir Lieblosigkeit und Eigennutz propagieren und unserer Welt gefühlskalt und indifferent begegnen.

Ich möchte noch auf die von Ihnen angeführte Unterscheidung der Geister zu sprechen kommen. Mir sind in meinem Leben noch nie paranormale Phänomene begegnet. Ich kenne Psychiater, die Menschen mit solchen scheinbaren Besessenheitssymptomen behandelt haben. Keiner konnte mir von solchen Phänomenen berichten. Auch wenn dem so wäre: Ich habe bereits in der Schule gelernt, daß Telepathie und Telekinese durchaus im Rahmen der Möglichkeiten bestimmter Menschen liegen. Solche Phänomene sind belegt. Immerhin sind 90 % unseres Gehirns noch gar nicht entschlüsselt. Unser Gehirn hat die Fähigkeit Unmengen von Informationen zu speichern. Jedes ausländische Lied, jedes Sprachfragment kann in ihm gespeichert werden. Unter Hypnose können solche Erinnerungen wachgerufen werden. Ich selbst betreibe seit fast 30 Jahren eine fernöstliche Kampfkunst und habe in dieser Zeit alte Meister kennengelernt, die konnten beindicke Betonplatten mit ihren Fingerkuppen zerstoßen oder durch leise Berührungen einen Gegner außer Gefecht setzen. Man weiß nicht welche verborgenen Kräfte mobilisiert werden, wenn im Gehirn ein Feuerwerk freigesetzt wird. Natürlich wird dies dann durch das kulturelle Umfeld der entsprechenden Person kanalisiert und interpretiert. Die Psychiater mit denen ich gesprochen haben kennen das Phänomen Besessenheit und diagnostizieren in der Regel ein chemisches Ungleichgewicht im Gehirn- bei Frauen häufig ein Phänomen, das vor allem nach Schwangerschaften auftritt. Nur von konservativ kirchlich sozialisierten, meist aus süd- oder osteuropäischen Ländern stammenden Frauen wird dies als Besessenheit interpretiert. Dieses chemische Ungleichgewicht wird mit Medikamenten zu 100 % behoben. Es gibt sie also: Die Pille gegen das „Böse“.
Ich selbst habe mir einige Dokumentationen angeblicher Exorzismen angeschaut und kann mich an viele lächerliche Szenen erinnern, in denen Frauen sich lasziv auf dem Boden räkelten, Obszönitäten und solche Äußerungen von sich gaben wie: „Nieder mit der Kirche, laßt mich den Lambada tanzen.“ Man ist geneigt diese sexualneurotischen Ausbrüche als Ausgeburten ekklesiogener Psychosen zu werten. Vielleicht waren es aber auch nur bezahlte Schauspielerinnen – wer weiß.
Bei dem Fall in Klingenberg handelte es sich jedoch, wie ich las, um eine besonders aggressive Form der Epilepsie gepaart mit diversen Psychosen. Es ist kriminell, daß der leidenden jungen Frau kein Arzt zur Verfügung stand, und entsprechend wurde das Fehlverhalten vom Gericht strafrechtlich hart geahndet. Es ist bedauerlich, daß die römische Kirche solch mittelalterliche Szenarien unterstützt. Sie wird darin wohl motiviert durch Heilungserfolge, die auf Autosuggestion zurückzuführen sind. Aber es klappt, wie man sieht, nicht immer.
Im übrigen handelt es sich bei der in meinem Artikel zitierten Anthropologin Felicitas Goodman um eine Anhängerin des Pentecoste-Glaubens (Pfingstlerbewegung), eine animistische Richtung, die von vielen fälschlich für christlich gehalten wird. Tatsächlich handelt es sich um eine afro-amerikanische, synkretistische Religion, in der die Austreibung böser Geister im Mittelpunkt steht. Obwohl sie einige gute wissenschaftliche Bücher geschrieben hat, würde ich ihr in diesem Fall die nötige Objektivität absprechen.

Ich hoffe sie nicht zu sehr verwirrt oder enttäuscht zu haben. Ich frage mich immer welches Interesse Menschen damit verfolgen, enthusiastisch und mit Vehemenz die Existenz böser Mächte zu propagieren. Wollen sie anderen damit Angst einflößen? Oder geht es ihnen um eine Art indirekten Gottesbeweises? Oder geht es ihnen womöglich darum, sich selbst als furchtlos und heldenhaft zu profilieren. Der Blick in die Kirchengeschichte zeigt, daß der Glaube an solche mythischen Gestalten, die in der Genese jeder Religion auftreten, meist dazu diente den Menschen zu kontrollieren, ihm Angst einzuflößen. Ich kenne Menschen die heute noch nachts von den Albtraumgestalten ihrer Kindheit verfolgt werde und diese anerzogene Furcht nicht loswerden. In manchen religiösen Gemeinschaften wird dies instrumentalisiert, wie z.B. bei den Zeugen Jehovas, um Kinder gefügig zu machen. Doch Angst ist kein guter Rageber. Sie ist im Gegenteil der größte Gegner der frohen Botschaft und gleichbedeutend mit Sünde.

Ich wünsche Ihnen, daß sie dieses Thema überwinden und optimistisch in eine Zukunft schauen, in der keine Schreckgestalten darauf warten exorziert zu werden, sondern in der das Böse und das Leid mit Vernunft und Liebe in die Knie gezwungen wird. Dazu müssen wir alle an einem Strang ziehen, mit Gottes Hilfe.

Ich wünsche Ihnen alles Liebe und bitte um Ihr Verständnis.

Mit Herzlichen Grüßen

Ihr André Golob
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Volker Haffmann
Gast





BeitragVerfasst am: 02.08.2007, 23:11    Titel: Antworten mit Zitat

André Golob hat Folgendes geschrieben:
Dies hat nichts mit der Anbiederung an den Zeitgeist zu tun sondern erwächst aus wissenschaftlichem Sachverstand. Als Religionswissenschaftler und Religionsphänomenologe weiß ich um die Entstehung solcher Gestalten, die vor allen in primitiven Religionen wie dem Schamanismus eine zentrale Stellung einnehmen und in einigen Religionen einen dualistischen Gegenpart zum guten Gott darstellen wie im persischen Parsismus (Angra Mainyu). Im Christentum haben solche Vorstellungen nichts zu suchen. Es handelt sich meiner Meinung nach, ähnlich wie beim Satanismus, um schlichten Aberglauben.


Ich weiss nicht, ob man mit wissenschaftlichem Sachverstand solche Fragen tatsächlich angehen kann. Im umgekehrten Fall, also wenn man wissenschaftlich Gott zu ergründen versuchte, käme man genauso schnell an urmenschliche Grenzen. Ich stimme mit Ihnen überein, dass die Bilder von "dem Bösen", was in menschlichen Köpfen umherspukt, sicher Aberglaube und bestenfalls Hollywood-Horror ist, entsprungen der menschlichen Vorstellungskraft.

Ich glaube aber, dass es "das Böse" gibt, und das es unwahrscheinlich schlauer und gefährlicher ist, als sich auf alberne Horrordemonstrationen zu beschränken. Die gefährlichste Form des Bösen ist meiner Ansicht nach die Täuschung, also das Auftreten in der Gestalt des Guten, Gutgemeinten und Gutverkündenden. Und die Steigerung davon ist, wenn diejenigen es gar nicht merken, wer oder was sie da reitet und voller Elan und Überzeugung glauben, "im Auftrag des Herrn unterwegs" zu sein. Nur welches Herrn? Da wir alle nicht wissen, in welcher Gestalt das Böse auch uns begegnet und reitet, ist das unsere lebenslange Aufgabe, die Versuchung zu erkennen. Auch Jesus war der Versuchung des Bösen ausgesetzt, und die zeigte sich in unwahrscheinlicher Gelehrtheit, was die Hl. Schrift betrifft.

Wladimir Solowjew hat dieses Motiv in seiner "Kurzen Erzählung vom Antichrist" aufgenommen: Der Antichrist empfängt von der Universität den Ehrendoktor der Theologie, er ist ein großer Bibelgelehrter. Solowjew hat mit seiner Darstellung seine Skepsis gegenüber einem gewissen Typ exegetischer Gelehrsamkeit ausgedrückt. Das ist kein Nein zur Bibelauslegung insgesamt, aber eine höchst heilsame und notwendige Warnung vor ihren Irrwegen. Bibelauslegung und wissenschaftliche Erklärung kann in der Tat zum Instrument des Antichristen werden.

Zitat:
Ich frage mich immer welches Interesse Menschen damit verfolgen, enthusiastisch und mit Vehemenz die Existenz böser Mächte zu propagieren. Wollen sie anderen damit Angst einflößen? Oder geht es ihnen um eine Art indirekten Gottesbeweises? Oder geht es ihnen womöglich darum, sich selbst als furchtlos und heldenhaft zu profilieren.


Das ist in vielen Fällen sicherlich richtig. Aber es wäre töricht, daraus den Gegenschluss zu begründen. Das Böse ist für uns Menschen genauso wenig zu fassen, wie wir Gott zu erklären vermögen. Wenn wir das versuchten, oder das Böse ignorierten, dann würden wir uns diesem schutzlos ausliefern. Was in dieser Erkenntnis hilft, ist ganz sicher nicht der Exorzismus, auch keine Pillen oder Riten, sondern der Sinn vom Psalm 91 her: Wer dem Willen Gottes folgt, der weiß, dass er in allen Schrecknissen, die ihm widerfahren, einen letzten Schutz nicht verliert.
Nach oben
tmansor



Anmeldedatum: 01.02.2007
Beiträge: 54
Wohnort (nur bei Vollmitgliedschaft erforderlich ): Hockenheim

BeitragVerfasst am: 03.08.2007, 00:54    Titel: Antworten mit Zitat

Ich kann mich Volker Haffmann nur anschließen.
Insbesondere halte ich es für inkonsequent, einerseits über Gott keine objektive Definition geben zu können, dies aber gleichzeitig für die Existenz eines personifiziert Bösen tun zu können, genauer: die Nicht-Existenz des Bösen zu definieren. Ob das Böse als ein personifizierter "Gegenspieler" Gottes zu sehen ist oder eher der Zustand der seelischen Gottesferne und/oder der absoluten Abkehr der Liebe, ist in der Diskussion müsig.
und dann eine andere Frage: kann in einer solchen Gottesdefinition sich Gott dem Menschen überhaupt über sog. Wunder zeigen und manifestieren oder bleibt er dann nicht ein Konstrukt der theologisch-philosophischen Diskussion, ohne Lebendigkeit, ohne Glaube, Hoffnung und Liebe?
Ist dann unser Glaube nicht leer und sinnlos??
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Gode Pötter
Administrator


Anmeldedatum: 15.10.2006
Beiträge: 317
Wohnort (nur bei Vollmitgliedschaft erforderlich ): 45663 Recklinghausen

BeitragVerfasst am: 04.08.2007, 01:47    Titel: Antworten mit Zitat

Also ich glaube auch nicht an den Teufel - in der Gestalt eines Horrordämonen. Das ist, wie Volker schreibt, die Domäne von Hollywood - und wie André schreibt, wohl eher fremdgesteuerte Angstmacherei.

Ich glaube vielmehr, dass man mit "dem Bösen" all das meinen kann, was dem Schöpfungsziel entgegen gerichtet ist. Das Schöpfungsziel ist die Weiterentwicklung der Menschen und der Erde, im Sinne Gottes. Das Ziel des Bösen ist es, dem entgegen zu wirken. Und da gibt es eine Menge, was man als "Versuchung" bezeichnen könnte, zum Beispiel ...
- aufgehen in Traurigkeit und Prinzipdepressivität, obwohl Gott ein wahres Feuerwerk abspult, um uns Menschen glücklich sein zu lassen
- mit dem Geschenk seines wunderbaren Körpers nicht achtsam umgehen, mit der Folge der eigenen Schädigung
- mit anderen Menschen nicht gut umgehen, mit der Folge der eigenen Isolation, Unglücklichsein, Empfinden von negativen Gedanken usw.

Das könnte man beliebig fortsetzen. Die Konsequenzen sind jeweils verheerend, von Krankheit (körperlich, der Seele) bis hin zum früheren Lebensende, und Verletzung oder Zerstörung auch anderer Existenzen. Wenn das nicht Ausdruck des Bösen ist - schlimmer kann es nicht sein. Da kommen hollywoodmässige Horror-Inszenierungen gar nicht mit...

Und die Palette der Versuchungen, nicht an der Schöpfung mitzuwirken, ist gewaltig, und überrascht jeden Tag neu selbst Menschen, die sich als Gott zugewendet bezeichnen würden. Das sind die typisch menschlichen Schwächen und Probleme - und deren Umgang damit. Und da liegt der Hase im Pfeffer - solange wir "Menschen" sind, und nicht über den Sphären schwebende Götter, werden wir immer und ständig diesen Versuchungen ausgesetzt sein. Selbst Jesus war davor nicht gefeit, als er Mensch war. Das zu erkennen, mit Kraft und Stärke seine eigene gute (= auf Gott gerichtete) Entscheidung zu treffen, ist unsere täglich neue Herausforderung, so lange wir leben. DAS verstehe ich als den Kampf zwischen gut und böse. Und wir sind mitten drin.

Und was wäre für mich ein "Exorzismus"? Ich sehe das genauso,wie der Eingangsartikel - das kann nur von innen heraus erfolgen, das eigene Rückbesinnen auf Gott und seinen Willen. Und dann wäre der Begriff "Exorzismus" überholt.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
Marco Zumtobel
Gast





BeitragVerfasst am: 16.08.2007, 22:29    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
"Die schönste List des Teufels ist, uns zu überzeugen, dass es ihn nicht gibt."


Da fühle ich mich erwischt. Es war auch lange Zeit meine Überzeugung, dass der Teufelbegriff nichts weiter ist, als das Fehlen des Guten. Ich merke so langsam, daß dieses Thema wohl mehr in sich birgt. Aber ich habe so meine Zweifel, ob man da mit Fasten wirklich weiter kommt.
Nach oben
André Golob



Anmeldedatum: 21.10.2006
Beiträge: 129
Wohnort (nur bei Vollmitgliedschaft erforderlich ): 46236 Bottrop

BeitragVerfasst am: 10.11.2007, 10:07    Titel: Antworten mit Zitat

Die Pille gegen das Böse?
Ein Interview zum Symptom „Besessenheit“

Wir leben in einer Zeit, in der der Mensch in der Lage ist in die kleinsten Bestandteile eines Atoms vorzudringen und in die tiefsten Weiten des Universums zu blicken. Dennoch, oder gerade deshalb, ist der postmoderne Mensch fasziniert vom Okkulten. Es gibt Fernsehanstalten, die auf Astrologie und Kaffeesatzorakel spezialisiert sind. Mit quietschenden Reifen versucht im Werbespot ein Renault Clio dämonischen Schrottautos zu entkommen, die versuchen Besitz von ihm zu ergreifen. Sogar in der biederen TV-Serie „Polizeiruf 110“ ermittelt die Kommissarin im Umfeld katholischer Exorzisten. Auch wenn sich nur noch wenige Jugendliche an den Ursprung von Ostern oder Pfingsten erinnern, sind ihnen okkulte Praktiken nicht unbekannt.

Doch den Teufel gibt es nicht. Zu dieser Erkenntnis kam schon in den späten Sechziger Jahren der Theologieprofessor Herbert Haag, von seinen Stundenten liebevoll „Teufels-Haag“ genannt. Trotzdem gibt es auch heutzutage Menschen, die sich von Dämonen bedrängt und besessen fühlen. Einige Kirchen und Religionen handeln, den theologischen Erkenntnissen zum Trotz, unter ihrem Ladentisch das uralte Ritual des Exorzismus – zum Teil mit Erfolg. Doch ist das nicht ein Thema für die moderne Psychiatrie? Hierzu möchten wir eine Expertin zu Wort kommen lassen, die in ihren psychiatrischen Praxis häufig mit scheinbarer Besessenheit konfrontiert wird – Frau Dr.med. Rita Rogahn.

ChH: Frau Dr. Rogahn, Sie kennen aus ihrer psychiatrischen Tätigkeit Fälle, in denen Menschen behaupten, sie seien von Dämonen besessen?

RR: Ja, solche Fälle kommen hin und wieder vor. Diese Menschen wenden sich in ihrer Not wohl am ehesten an einen Geistlichen. Häufig suchen dann die Seelsorger oder aber Angehörigen Hilfe und ärztlichen Beistand bei einem Psychiater oder in einer psychiatrischen Klinik.

ChH: Gibt es für diese Art von Krankheit einen Namen?

RR: Diese Krankheitsbilder können bei verschieden psychiatrischen Erkrankungen auftreten, im Allgemeinen in Zusammenhang mit – wie wir sagen würden – psychotischen Symptomen. Vorkommen kann es bei z.B. bei einer Depression, einer manisch-depressiven Erkrankung oder einer Schizophrenie. Das Symptom „Besessenheit“ ist also nicht krankheitsspezifisch.

ChH: Kommt dieses Symptom häufig vor?

RR: Meines Wissens gibt es keine zuverlässigen Statistiken über seine Häufigkeit. Außerdem teilen Betroffene ein solches Erleben aus Angst oder Scham nicht ohne weiteres mit. Einzelheiten erfährt man als Ärztin oder Psychotherapeut in der Regel erst, nachdem ein ausreichendes Vertrauen aufgebaut ist. Eine Patientin erzählte mir erst nach einer mehrwöchigen, intensiven Behandlung auf meine direkte Nachfrage, dass sie immer wieder mit dem Teufel zu tun habe. Sie hatte nicht gewagt, dies selbst anzusprechen. Durch eine Therapie mittels Gesprächen und Medizin fühlte sie sich letztlich geheilt und gestärkt. Der Leidensdruck ist in solchen Fällen sehr groß.

ChH: Haben Sie häufig solche Patienten?

RR: Patienten mit Besessenheitsideen trifft man heutzutage seltener als früher, als traditionelle Religiosität für einen Großteil der Bevölkerung den Alltag bestimmte. Ich selbst erinnere mich an zwei Fälle, bei denen eine mittelalterliche Beurteilung wohl zu dem Schluß „Besessenheit“ gekommen wäre. Ein junger erwachsener Mann, der unter einer Psychose litt, drang mehrfach in eine Kirche ein und veranstaltete dort allein „schwarze Messen“, verbrannte dabei Bibeln etc. Letztendlich wurde er vom Pfarrer dabei überrascht und angezeigt. Bei der polizeilichen Vernehmung erklärte der Mann, er habe nicht anders handeln können. Diese Fixierung auf Kirche und Religion war nur eine von mehreren krankhaften Verhaltensweisen des Patienten. Er war schließlich unfähig, seinen Alltag zu bewältigen und blieb so lange in klinischer Behandlung bis sich sein gequälter und häufig von Angst geprägter Zustand durch medikamentöse und umfassende therapeutische Maßnahmen soweit besserte, dass er über eine betreute Wohngemeinschaft wieder den ersten Schritt in ein „normales“ Leben machen konnte.

ChH: Welche Symptome haben die Menschen, die sie zu ihnen bringen. Entsprechen sie den Verhaltensveränderungen, wie sie uns Exorzisten berichten: Fratzenhafte Gesichtszüge, veränderte haßerfüllte laute Stimme, tobsuchtsartige Verrenkungen, Autoaggression, übermenschliche Kräfte etc.

RR: Ich möchte auf die Wortwahl achten. Begriffe wie z.B. „fratzenhaft“, „tobsuchtsartige Verrenkungen“ werden in der fachpsychiatrischen Beschreibung nicht verwendet, da sie gegenüber den Menschen abwertend sind. In solchen Formulierungen findet wohl eher die eigene Angst der Exorzisten ihren Ausdruck? Psychisch Kranke sind in der Regel heftigen, negativen Gefühlen ausgeliefert. Ein solcher Mensch erlebt eine ausweglose Situation und reagiert gequält, panisch, verzweifelt, aggressiv . Der Ausdruck von Gesicht und Körper ist dann extrem angespannt. Das physiologische Streßsystem der Person ist aktiviert, die Adrenalinausschüttung maximal, so dass sie über Kräfte verfügt, die ihr normalerweise nicht zur Verfügung stehen.
Ich erinnere mich an eine sehr zierliche, freundliche alte Dame mit einer Gehbehinderung. Diese Patientin geriet ab und zu in einen Erregungszustand. Sie wähnte sich dann bedroht und reagierte sehr agressiv. Dabei benutzte sie ihren Gehstock als Waffe und auch mehreren Helfern war es nicht möglich, sich ihr zu nähern.

ChH: Braucht man in solchen Fällen nicht Nerven wie Drahtseile. Haben Sie nicht selber ab und zu Angst?

RR: Kontakte mit sowohl erregten als auch still verzweifelten Menschen fordern viel Kraft. Ärzte und therapeutisches Personal werden in ihrer Ausbildung darauf vorbereitet. Aber natürlich bekommt auch ein „Profi“ Angst, wenn eine Situation zu eskalieren droht. Angst erhöht aber auch die Aufmerksamkeit und kann im günstigen Falle das professionelle Denken beschleunigen. Ich erinnere mich an einen jungen Patienten von stattlicher Statur, der nach eigenen Angaben dem Satanskult anhing und von sich selbst behauptete er sei ein Teufel. Obwohl er sich überwiegend kooperativ zeigte stellte er sich mir eines Tages drohend in den Weg. Eine Eskalation konnte aber durch ruhiges Eingehen auf den Patienten vermieden werden.

ChH: Gibt es bestimmte Personenkreise, die besonders anfällig sind für solche Erkrankungen? Sind solche Erkrankungen abhängig vom Kulturkreis?

RR: Jeder Mensch kann erkranken. Laut WHO gehören seelische Erkrankungen zu den häufigsten weltweit. Die Schizophrenie tritt z. B. weltweit bei durchschnittlich einem von 100 Menschen auf. Es sind also nicht die Erkrankungen abhängig vom Kulturkreis, wohl aber die Ausgestaltung der Symptome. Ein schizophren erkrankter Mensch aus Südamerika wird andere Dinge erleben als eine schizophrene Person aus Asien.

ChH: Ich habe mir einige Videoaufnahmen von angeblichen Exorzismen angeschaut. Im Handel gibt es da eine Menge. In einer Aufnahme schrie eine junge Frau „Nieder mir der Kirche, ich will den Lambada tanzen“. Die Dämonen der Anneliese Michel rühmen sich, durch ihren Einfluß dazu beigetragen zu haben, dass die Handkommunion eingeführt wurde. Kann man mit Blick auf solche Aussagen von einer ekklesiogenen Psychose sprechen. Schafft Kirche hier nicht selbst ihre Dämonen, die sie loszuwerden strebt.

RR:
Ich glaube, da bin ich ein wenig überfragt. Da können sie als Theologe sicherlich mehr zu sagen.

ChH: Wie behandelt sie in der Regel solche Fälle? Wie heilt man solche Menschen? Gibt es, scherzhaft gesagt, die Pille gegen das Böse?

RR: Die Behandlung ist, wie schon zuvor angedeutet, komplex und führt wenn nicht zur völligen Genesung doch überwiegend zur deutlichen Besserung, je nach Art und vor allem Schwere der Erkrankung. Grundlage ist in der Regel eine medikamentöse Therapie zur Wiederherstellung des biochemischen Gleichgewichts im Gehirn. Zum Erreichen einer langfristigen Besserung werden zusätzlich verschiedene Therapieverfahren angewendet.

ChH: Die römische Kirche kennt nun das Ritual des Exorzismus. Bevor jedoch ein solcher vorgenommen werden darf, steht die „Unterscheidung der Geister“. Es darf erst exorziert werden, wenn bestimmet Kriterien erfüllt sind. Erst muß quasi belegt sein, das übersinnliche Kräfte eine Rolle spielen z.B. unerklärbares
Sprechen einer nicht erlernten Fremdsprache, Telepathie, Telekinese, unerklärbare Gerüche und Temperaturschwankungen. Die Frage ist mir schon fast peinlich: Haben sie solche paranormalen Phänomene in ihrer Tätigkeit jemals erlebt?

RR: Dazu zwei Anekdoten aus der psychiatrischen Praxis. Ein Psychologieprofessor führt eines seiner Lehrvideos vor. Zu sehen ist ein Patient mit Schizophrenie, der ab und zu einige Worte von sich gibt. Der sehr erfahrene Therapeut weist das Publikum besonders auf die Neuschöpfungen von Worten hin, ein bei Schizophrenie öfter auftretendes Phänomen. „Uyulala“ sagt der Patient u.a. Der Professor ist selbst amüsiert, als er aus dem Publikum erfährt, dass diese Wortneuschöpfung von Michael Ende, dem Autor der „unendlichen Geschichte“ stammt – eine ihm unbekannte Lektüre.
Oder: Zur Verblüffung der anwesenden Tochter spricht eine alte, demente Dame während der ärztlichen Visite Englisch. Der Tochter war nicht bekannt, dass sie dies konnte. Unter dem Druck, einen guten Eindruck zu hinterlassen, hatte sie dieses in der Jugend erworbene Wissen erstmals wieder zur Verfügung. Viele Phänomene sind schließlich logisch erklärbar. Warum der nicht erklärbare Rest dann ein Beweis für den Teufel sein soll, leuchtet mir nicht ein.

ChH: Halten sie den Exorzismus, bei religiös geprägten Patienten angewandt, für eine adäquate Heiltherapie? Wo sehen sie die Gefahren eines solchen Ritus?

RR: Angesichts der medizinischen Behandlungsmethoden ist Exorzismus überholt. Er mutet eher als Qual denn als Hilfe für die Betroffenen an, gleichgültig wie religiös diese geprägt sein mögen. Aus medizinischer Sicht besteht überdies die Gefahr einer Verschlechterung der Erkrankung, einer Fixierung auf das Krankhafte und damit eine Verschlimmerung des Leids.

ChH: Glauben sie an den Teufel oder dämonische Mächte?

RR: Die Existenz des Bösen ist für mich evident. Das Leid der Menschen, durch sie selbst verursacht, ist mehr als genug Beweis für seine Existenz. Meiner Meinung nach ist aber die Gestalt des Teufels als auch anderer dämonischer Mächte lediglich eine Projektion des Bösen in jedem von uns. Ich denke, das Böse ist in der Freiheit des menschlichen Willens begründet - und zwar ausschließlich des gesunden Willens und Verstandes, gepaart mit großer Herzenskälte. Menschen wie Stalin und Hitler personifizieren für mich das Böse. Wer von diesen litt unter den oben genannten Symptomen von Besessenheit? Welcher Exorzist hat diese Besessenen zur rechten Zeit an den Pranger gestellt?
Ich würde mir wünschen, dass sich Christen mit ihrer ganzen Kraft ihrem konkreten Auftrag zur Nächstenliebe, persönlich und gesellschaftlich, stellen.

ChH: Vielen Dank Frau Dr. Rogahn für das Gespräch.


Die Interviewpartnerin ist Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Nach langjähriger Tätigkeit als Oberärztin in der Hans-Prinzhorn-Klinik, Hemer arbeitet sie seit einem Jahr in den Niederlanden. Ein persönlicher Interessenschwerpunkt ist die transkulturelle Psychiatrie.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Oliver Cebella



Anmeldedatum: 04.01.2008
Beiträge: 3
Wohnort (nur bei Vollmitgliedschaft erforderlich ): Bergisch Gladbach

BeitragVerfasst am: 04.02.2008, 12:31    Titel: Antworten mit Zitat

Den Teufel gibt es! Petrus ermahnt die Gläubigen: Euer Widersacher,der Teufel,geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen kann. Leistet ihm Widerstand in der Kraft des Glaubens.(1Petr5,8). Wer die Existenz dieser Realität bestreitet, stellt sich ausserhalb der biblichen und kirchlichen Lehre. Wer erinnert sich nicht der überaus inhaltsreichen dreifachen Versuchung Christi? Sodann die vielen Szenen des Evangeliums in denen der Teufel den Weg des Herrn und in seinen Lehren erwähnt wird?(z.B.Mt12,43).Und wie könne man sich nicht daran erinnern, dass Christus sich dreimal an den Teufelals seinen Wiedersacher wendet und ihn als Herrscher dieser Welt bezeichnet(Joh12,31;14,30;16,11)? Die Tatsache dieser unheilvollen Anwesenheit des Teufels wird an vielen Stellen des Neuen Testamentes erwähnt.

Oliver Cebella Seelsorger ia
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
Gode Pötter
Administrator


Anmeldedatum: 15.10.2006
Beiträge: 317
Wohnort (nur bei Vollmitgliedschaft erforderlich ): 45663 Recklinghausen

BeitragVerfasst am: 04.02.2008, 20:42    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Den Teufel gibt es!


Ganz sicher! Nur eben nicht in der Gestalt, wie die Menschheit ihn sich vorstellt, als Monster oder Horrorfilmgestalt. Sondern als ständige Versuchung in immer neuen (zeitaktuellen) Methoden, den Menschen von Gott abzubringen. Und ganz sicher auch da, wo man ihn am wenigsten vermutet. Und ganz sicher potentiell in jedem von uns Menschen - diese täglich neue Gratwanderung und Entscheidung zwischen Gut und Böse, das ist unsere menschliche und christliche Aufgabe.

Zitat:
Wer erinnert sich nicht der überaus inhaltsreichen dreifachen Versuchung Christi?


Der Teufel zeigt sich dort als perfekter Schriftgelehrter, perfekt im Zitieren und in der Auslegung dessen, was geschrieben steht. Wer würde annehmen, dass jemand, der mit der Verkündung von Gottes Wort auftritt, in Wahrheit jedoch sein Widersacher ist? Wachsam sein und sich nicht täuschen lassen - und vor allem sich selbst nicht "vor seinen Karren spannen" lassen. Denn das geht schneller, als man glaubt.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
André Golob



Anmeldedatum: 21.10.2006
Beiträge: 129
Wohnort (nur bei Vollmitgliedschaft erforderlich ): 46236 Bottrop

BeitragVerfasst am: 05.02.2008, 17:07    Titel: Antworten mit Zitat

Das Theologiestudium ist ein sehr undankbares, da in manchen Kirchen und von einigen Gläubigen wissenschaftliche Erkenntnisse in den theologischen Diszipinen scheinbar gar nicht erwünscht sind, da sie möglicherweise dem ein oder anderen Weltbild widersprechen und es ins wanken bringen. So möchte man die Inhalte und Bilder der Bibel nicht entschlüsselt wissen und Orientierung finden, sondern an den Vorstellungen der Kindheit und anerzogenen Traditionen und Mythen festhalten. Ich denke ohne einen entmythologisierenden Umgang mit der Schrift bleiben wir in einem Fundamentalismus stecken und tun es manchen Moslems gleich, die eine Exegese des Korans strickt bekämpfen und jenen, die sich dazu anschicken öffentlich mit Mord drohen. Welchen Umgang mit der Welt aus einer solchen engen Sicht von Religion erwächst, zeigen uns die Flugzeuge des 11. Septembers und das tausendfache Leid der durch die Inquisition zu Tode gemarteter Menschen. Letztendlich ist auch die junge Dame aus Klingenberg einer solchen Weltsicht zum Opfer gefallen. Die Bibel ist ein gewachsenes Buch und gibt Einblick in viele Phasen religiöser Entwicklung. Die moderne Exegese zeigt, daß es ein Produkt menschlicher Redaktion ist und die historischen Horizonte der damaligen Menschen widerspiegelt. Gerade deshalb geht dem Priesterberuf dringend ein wissenschaftlich exegetisches Studium voraus. Auf der Kanzel muß der reichhaltige Schatz unserer heiligen Schrift aufgeschlüsselt und das frohmachende, wenn man so will therapeutische, der Botschaft Christi offenbar werden. Auch wenn ich mich wiederhole: Mythologische Bocksgestalten, oder wie Gode sie nennt Horrorfiguren, wie wir sie aus manchen Gruselvideos oder dem unsäglichen Passionsfilm von Mel Gibson kennen, haben hier keinen Platz. Sicherlich müssen wir uns mit den negativen Seiten unseres Menschseins auseinandersetzen, ob wir sie nun "das Böse" oder "den Teufel" nennen. Wir dürfen sie aber nicht absolut setzen oder als etwas von uns Menschen Losgelöstes betrachten. Wir müssen uns aber auch fragen wie das Böse entsteht. Manches unmoralische Verhalten ist so unfaßbar, daß wir es kaum mehr noch als böse bezeichnen können. Manche Taten so unmenschlich, daß wir sie ehr als eine Art Krankheit begreifen müssen. Nicht eine noch stärkere Art von Bestrafung und Drohung kann hier helfen, sondern nur eine umso größere Liebe. Vielleicht sollten wir für diesen Mangel an Liebe den Begriff "Teufel" verwenden. Doch das assoziert sofort wieder Projektionen des Aberglaubens. Ich kann den Faible für eine dualistische Weltsicht verstehen. Es lebt sich viel einfacher mit Stereotypen. Doch so einfach ist die Schöpfung Gottes nicht gestrickt.

Dr. André Golob
(Pfarrer)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Oliver Cebella



Anmeldedatum: 04.01.2008
Beiträge: 3
Wohnort (nur bei Vollmitgliedschaft erforderlich ): Bergisch Gladbach

BeitragVerfasst am: 06.02.2008, 16:32    Titel: Antworten mit Zitat

Der mensch der Neuzeit hat den Satan und sein Reich abgeschaft. Das ist auf seltsame Weise geschehen. Am weitesten zurück reicht die Weise des Lächerlichmachens:man hat ihn allmählich zur komischen Figur werden lassen. Etwas davon steckt uns allen im Blute,gelingt es doch kaum, eine Darstellung des Teufels zu geben, die nicht immer wieder ins Komische glitte. Demliegt ursprünglich ein christliches Gefühl zugrunde:der Spott des Freigewordenen gegen den Frohnherrn von einst. Aber aus diesem Spott im Glauben ist das Lachen des Unglaubens geworden, und das dient aufs neue der Sache Satans. Nirgends herrscht er sicherer, als wo die Menschen sich über ihn lustig machen.....Oder man hat ihn heroisiert. Hat aus ihm die Majestät des Bösen gemacht; die Erhabenheit der Verzweiflung; die dunkle, zur Furchtbarkeit des Daseins notwendige Macht werden lassen, welche,, das Böse meint und das Gute schafft'',und daher eine seltsame Verehrungswürdigkeit hat...Oder man hat nachgewiesen, das christliche Wissen vom Satan sei das gleiche, wie der Dämonenglaube, der überall auf bestimmten religiösen Stufen wiederkehrt und allmählich überwunden werde; es sei eine Wirkung gewisser psychologischer Spannungen,die verschwinde , sobald der Mensch gesunder und freier werde.
Der moderne Mensch hat einen bestimmten geistigen Willen; bewußt, oder auch, was noch tiefer wirkt, unbewußt;danach soll das Dasein naturhaft sein, ein Gefüge naturhafter Kräfte und Substanzen-und wieder soll es ideal sein, ein Gefüge von Gesetzen, Werten, Normen. Persönliches hinter der Natur anzunehmen, läßt er als Dichtung gelten; sobald es Anspruch auf Ernst macht, erklärt er es für Mythologie und Aberglauben. Das Christentum hingegen sagt: Das Sein muß im Letzten persönlich bestimmt werden. Darauf wartet es. Es ist aber jemand da, der es zum Bösen tun will. Er tritt nicht als solcher hervor; ja er benutzt gerade Vernunft und Sachlichkeit, um sich zu verbergen. Gerade in der angeblichen Entzauberung verhüllt er sich. In der Wissenschaft, die reine Sachlichkeit sein will, wirkt er ein Blindwerden der Augen für das Nächstliegende; einen nie endenden Wiederspruch, wo immer die erste Behauptung von der zweiten aufgehoben wird; eine Zerstörung der Geistesgemeinschaft, von welcher der Forscher immer wieder in die blinde Anspannung des Faches flüchtet... Aus der technisch und menschlich durchgeführten Rationalisierung hat er die menschenknechtende Maschine der heutigen Wirtschaftsordnung werden lassen-oder ziehen wir vor, zu sagen, der Mensch sei in seiner Klugheit dumm geworden; neme die Mittel für den Zweck und mache aus dem Herrn der Maschine ihren Knecht? Dann ist eben dieses der Ausdruck des Dämonischen...Und vieles noch. Freilich ist es schwer zu sehen und zu bezeichnen; denn das, worum es sich handelt, sitzt auch im Auge selber und macht blind. Die Wirrnis im Geschehen, die Blindheit im Blick, die Kälte im Herzen und die falsche Richtung im Willen-das alles ist ein und das Gleiche. Wer darin verfangen bleibt, sieht immer nur Dinge, Tatsachen, Konsequenzen, Logik. Den Feind sieht er nicht.

Jesus hat ihn zum Stehen gezwungen. Er hat ihn ins Auge gefaßt und besiegt. Im Maße wir fähig werden, mit Christi Augen zu blicken, sehen wir ihn. Im Maße Christi Geist und Herz in uns lebendig wird, werden wir Herr über ihn. Die Klugen freilich werden über solche Gedanken lächeln.

,,Die Macht des Teufels ist dort am größten,
wo man nicht mehr an ihn glaubt.''
Augustinus

Oliver Cebella Seelsorger ia
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
Johannes Kinmayer



Anmeldedatum: 28.06.2007
Beiträge: 3
Wohnort (nur bei Vollmitgliedschaft erforderlich ): Sonnen

BeitragVerfasst am: 06.02.2008, 18:02    Titel: Antworten mit Zitat

Die Krankheit ist nicht das Böse, sie ist ein Unglück, erwachsend aus Gottes Schöpfung.
Wir können versuchen, sie zu lindern, zu heilen mit Wissen und Zuneigung.
Das Böse selbst aber ist ein Teil von Gottes Dunkelheit. Es ist Gott inhärent, von ihm geschaffen,
es ist in der Welt und es ist nur in seinen Ergebnissen fassbar. Seine Tat, sein Leid trifft den Einzelnen,
und du siehst oft genug nicht, wie sehr du selbst die Ursache des Leidens der Anderen bist.
Die alten Juden sagten, die Neigung zum Bösen sei nicht das Werk von Dämonen, sondern sie käme aus Gott, und es sei das gute Wesen des Menschen, diesen bösen Trieb zu kultivieren.
Exorzismus ist der lästerliche Versuch, den dunklen Gott in sich austreiben zu wollen, jene göttliche Finsternis, in der wir herumirren.
Die gute Schöpfung? Wer hinschaut, sieht aus menschlichem Maß eine unendliche Barbarei: Nimm dir deinen Platz oder du wirst verdrängt, friß bevor du wirst. Ich halte zu der französischen
Mystikerin Marie Noel – vor allem, was das psychische Leiden betrifft: Die Liebe ist der Ungehorsam
gegen Gottes Gesetz der Schöpfung.

johanneskinmayer.de
6.2.2008
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
tmansor



Anmeldedatum: 01.02.2007
Beiträge: 54
Wohnort (nur bei Vollmitgliedschaft erforderlich ): Hockenheim

BeitragVerfasst am: 07.02.2008, 01:07    Titel: Antworten mit Zitat

Johannes Kinmayer hat Folgendes geschrieben:
Die Liebe ist der Ungehorsam
gegen Gottes Gesetz der Schöpfung.


An dieser Stelle kommt allerdings Jesus von Nazareth ins Spiel. Als "Gottessohn", Beauftragter, Bevollmächtigter, Gesalbter des Herrn - je nah weltanschaulichem Hintergrund - eröffnet er den Menschen einen neuen Gedankenweg, eine Herzenseinstellung, eine Geistkraft in der Relation des eigenen Lebens zu Gott und seiner Schöpfung. Jesus Christus wird zum Botschafter und Gründer einer neuen Verbundenheit des Menschen zu Gott, die über die biologisch-natürlich-psychischen Gesetze hinaus reicht: die spirituelle Kraft der Liebe, Gottvertrauen, Hoffnung, geistlich-seelische Verbundenheit, Glaube und Überzeugung. Und genau dieser Geist hat seine Quelle in Gott. Die Liebe wurde somit Teil des göttlichen Schöpfungsgesetzes, ebenso wie der Tod, wenn man diesen nicht als schwarzes Ende in diabolischer Form betrachtet. Er ist weder das Ende, noch das Tor zum teuflischen Abgrund im Angesicht eines letzten Gerichts, der Tod ist der Anfang vom ewigen Leben! Und genau das hat Jesus, der "Christus" in göttlicher Vollmacht bewiesen.

Tarec
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Oliver Cebella



Anmeldedatum: 04.01.2008
Beiträge: 3
Wohnort (nur bei Vollmitgliedschaft erforderlich ): Bergisch Gladbach

BeitragVerfasst am: 07.02.2008, 13:41    Titel: Antworten mit Zitat

,,therapeutische Botschaft Christi?''
Sehr geehrter Dr Golob, die Heilige Schrift spricht wohlgemerkt immer von Engeln und Dämonen als geistige Wesen, die aber sehr wohl mit Verstand,Willen, Freiheit und Unabhängigkeit ausgestattet sind. Es sind vor allem die modernen Theologen, die den Satan mit der abstrakten Idee des Bösen identifizieren. Dies ist eindeutig eine Häresie, die im offenen Widerspruch zur Bibel, zur Partristik und zum Lehramt der Kirche steht. Die Wahrheit aber wurde in der Vergangenheit nie angezweifelt, weshalb sie auch nicht eigens dogmatisch definiert wurde. Das IV. Laterankonsil sagt: Der Teufel (also Satan) und die anderen Dämonen waren von Natur aus gut und von Gott erschaffen, aber sie sind durch ihre Schuld böse geworden. Wer Satan duldet, der duldet auch die Sünde und versteht nicht mehr das Wirken Christi.
Es, ist auch klar, Jesus hat Satan durch sein Opfer besiegt, aber vor allem durch seine Lehre:,, Wenn ich aber die Dämonen durch den Finger Gottes austreibe, dann ist doch das Reich Gottes schon gekommen''(LK11,20). Jesus ist der Stärkere, der Satan gefesselt(MK 3,27),seiner Habe beraubt und sein Reich ausgeplündert hat, das keinen Bestand hat(MK3,26). Jesus antwortet jenen, die ihm vom Plan des Herodes berichten, ihn zu töten:,, Geht und sagt diesem Fuchs: Ich treibe Dämonen aus und heile Kranke, heute und morgen, und am dritten Tag werde ich mein Werk vollenden''(LK13,32). Jesus gibt den Aposteln die Macht, Teufel auszutreiben. Dann dehnt er die Macht auf die 32 Jünger aus und zum Schluß gibt er sie all jenen, die an ihn Glauben.
Die Apostelgeschichte berichtet, wie die Apostel nach der Herabkunft des Heiligen Geistes fortfuhren, die Dämonen auszutreiben. Und so taten es auch dann die Christen späterer Zeiten. Schon die frühesten Kirchenväter, wie Justinus und Irenäus, sprachen klar von der christlichen Lehre über Satan und die Macht, ihn auszutreiben. Und so lehrten auch die anderen Kirchenväter, von denen ich vor allem Tertullian und Origenes nenne. Es genügt, diese vier Autoren zu zitieren, um so viele moderne Theologen zu beschämen, die praktisch nicht an den Teufel glauben und deshalb nicht über ihn reden.
Oliver Cebella /Seelsorger ia
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
André Golob



Anmeldedatum: 21.10.2006
Beiträge: 129
Wohnort (nur bei Vollmitgliedschaft erforderlich ): 46236 Bottrop

BeitragVerfasst am: 08.02.2008, 19:01    Titel: Antworten mit Zitat

Die Vernunft ist ein Geschenk Gottes, das uns in den Jahren unserer Entwicklung nicht abhanden gekommen ist. Im Gegenteil, der Mensch entwickelt sich weiter und die Offenbarung Gottes lebt im Hier und Jetzt. Ich glaube gerade deshalb, daß auch der modernen Theologie ein hoher Stellenwert zu kommt. Manchmal muß man schon wie bei Brecht durch das Fernrohr schauen. Viele dieser modernen Erkenntnisse helfen mir bei meiner täglichen seelsorgerischen Tätigkeit. In meiner Gemeinde wäre es fatal mit dem Teufel zu argumentieren. Alkoholikern, straffällig Gewordenen, psychisch Kranken gilt es in ihrer leidvollen Situation beizustehen. Gründe für diese menschlichen Grenzsituationen in der Intervention eines Leibhaftigen zu diagnostizieren oder gar ein Exorzismus zu praktizieren hilft da nicht weiter, es schadet vielmehr.

Ich empfehle allen, die an dieser Thematik Interesse haben, einen sehr spannenden und gut geschriebenen, historischen Roman von Luigi Malerba "Die toten Masken", in der ein junger Novize mit Weihrauchallergie der dämonischen Besessenheit bezichtigt wird. Das Buch hat übrigens Marcel Reich-Ranicki aus literarischer Sicht sehr gelobt.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen    Alt-Katholisches-Forum.de Foren-Übersicht -> Christen heute Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde
Seite 1 von 1

 
Gehe zu:  
Sie können keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Sie können auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Sie können Ihre Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Sie können Ihre Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Sie können an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen.


Forensicherheit

443 Angriffe abgewehrt

Powered by phpBB © 2001, 2005 phpBB Group
Deutsche Übersetzung von phpBB.de
Protected by Anti-Spam ACP