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Joh 15,1-8 ( 9-17) Glück, das die Liebe sich schafft

 
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André Golob



Anmeldedatum: 21.10.2006
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Wohnort (nur bei Vollmitgliedschaft erforderlich ): 46236 Bottrop

BeitragVerfasst am: 21.10.2006, 17:31    Titel: Joh 15,1-8 ( 9-17) Glück, das die Liebe sich schafft Antworten mit Zitat

14.05.06 Predigt zu Johannes 15,1-8
Eucharistiefeier am
5. Sonntag in der Osterzeit im Lesejahr B
Alt-kath. Gemeinde Düsseldorf, 14.5.2006, 10.30 Uhr
Klarenbachkapelle
Leitung und Predigt: Vikar Dr. André Golob
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Joh 15,1-8 ( 9-17) Glück, das die Liebe sich schafft

Häufig, wenn über das Verhältnis des Menschen zu Religion und Kirche nachgedacht wird, zitieren Theologen und Geistliche diese Perikope vom Weinstock, die wir gerade gehört haben. Sie zeigt uns wie sehr auch Bibelstellen und sogar Worte Jesu mißverstanden oder sogar mißbraucht werden können. Zwischen dem Gefährlichen und dem Rettenden bewegt sich dieser Text, ganz wie man ihn ausgelegt. Es ist möglich ein Messer am Griff oder an der Schneide anzufassen, ein Fernrohr so zu halten, daß es das Ferne nahebringt, oder umgekehrt. Es ist möglich eine Einbahnstraße in falscher Richtung hineinzufahren, so daß die Straße zu einer Falle wird. Gerade von der Religion gilt, daß sie ein Gift oder ein Medikament sein kann, es kommt auf die richtige Dosierung an.

Ohne mich könnt ihr nichts tun, spricht Jesus, ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Das kann so und so ausgelegt werden. Es kann heißen: Du bist nichts, was maßt du dir an etwas zu wollen, du Wurm. Was du willst gilt schon deshalb nicht, weil du es willst. Denn wer bist du schon, daß du überhaupt ein Recht besäßest etwas zu wollen, du Sünder, du wertloses Geschöpf. Viele haben diese Sprüche schon als kleine Kinder erlebt, als Kinder strenger, unnachgiebiger Eltern. Manche kennen sie aus dem täglichen Arbeitsleben, dem Mobbing von Kollegen oder dem Chef ausgeliefert, oder dem tyrannischen Ehemann. Schuldgefühle, Angst, sklavische Abhängigkeit resultieren daraus, bis hin, daß man dieses Bild, das andere von einem haben, annimmt, es sogar verteidigt gegenüber anderen, die helfen oder vermitteln wollen. Wir erinnern uns an den Besessenen, der Jesus zurief : Nein weg von mir, du heiliger Gottes, laß mich in meinem Zustand, ich will es so.

Das kann nicht der Sinn von Religion und Kirche sein, den Menschen von sich weg zu führen, das Ich des Menschen zu unterdrücken, es zu versklaven. Und doch ist es viele Jahrhunderte so betrieben worden. Gedroht wurde mit Hölle und dem Teufel, zwei Institute die wohl nur dazu erfunden wurden um Menschen zu knechten und eine Religion der Angst und des Schreckens zu verbreiten.

Wie also müssen wir das heutige Evangelium verstehen. Wie können wir es richtig begreifen?
Alles in den Worten des johanneischen Jesus ist verstehbar, wenn man es gerankt liest um das Wort, das hier den Mittelpunkt und das Zentrum bildet – das Wort Liebe. Um die heutigen Worte Jesu zu verstehen braucht man nur den Worten Liebender zu lauschen, auf die Gefühle die Verliebte einander zuflüstern. Ich wüßte kaum zu leben ohne dich; du bist es, woraus ich selber meine stärksten Energien ziehe und in mir forme; in deiner Liebe und in dem Geschenk dich lieben zu dürfen, machst du, daß ich gerne auf der Welt bin. Deine Liebe durchrauscht mich wie ein Strom, sie ist mir wie eine alles gestaltende Kraft.
Eine solche sinnliche Liebe macht uns abhängig, ohne das sie uns unterdrückt oder uns in den Staub drückt – ganz im Gegenteil. Ohne den geliebten Menschen wollen wir gar nicht mehr leben, wir würden uns fühlen wie ein Rebzweig, den man vom Weinstock, von der Quelle des Lebens, abschneidet. Er wird verdorren.

Von der Poesie der Liebenden können wir viel lernen. Sterben würden Liebende füreinander. Und wenn wir ein paar Verse vorausschauen auf die nächsten Zeilen, die dem heutigen Evangelium folgen, erkennen wir etwas von dieser Liebeslyrik, den zärtlichen Worten Verliebter, wieder. Johannes schreibt nämlich weiter: Das habe ich euch gesagt, auf daß meine Freude in euch sei und euer Glück vollkommen. .. Liebet einander wie ich euch geliebt habe. Größer als so hat niemand die Liebe, daß einer sein ganzes Ich setzt für seine Freunde. Diese folgenden Zeilen gehören eigentlich mit zum heutigen Text, lassen uns verstehen und ahnen, was das vorherige meint. Es geht um ein Wechselspiel der Liebe, nicht um Despotismus und Macht. Ohne dich kann ich nichts tun ... du bist der Weinstock, ich die Rebe – Worte der Liebe.

Sicherlich könnte man meinen, das Bild vom Weinstock und den Reben sei ganz und gar einseitig: Hier steht der Weinstock, er trägt das Ganze; durch ihn hindurch geht die befruchtende Kraft in die Reben ein – ein Verhältnis vollkommener Abhängigkeit scheinbar. Doch jeder, der das Leben eine Pflanze kennt, weiß, daß es sich so nicht beschreiben läßt. Ein Weinstock ist kein Weinstock, wenn er nicht in seinen Blättern atmen, nicht mit ihnen Sonnenlicht aufnehmen kann. Und er findet seine Erfüllung nicht, wenn er nicht Frucht ansetzt, sich weiterzuzeugen. Die Reben sind nicht das Produkt des Weinstocks, sie sind die Art, wie der Weinstock selbst lebt.

Auch das Bild vom Fruchttragen darf man nicht produkthaft, marktwirtschaftlich übersetzen, in die Logik eines Weinbauern. In manchen Traktaten kirchlicher Moral taucht die Ansicht auf, Liebe sei dazu da, etwas hervorzubringen, etwas zu zeugen, fruchtbar zu sein im wörtlichen Sinne. Jahrtausende wollte man die Frauen dazu verpflichten, wenn sie schon liebten, Kinder zu bekommen. Die menschliche Nähe mußte zu etwas nutze sein, sie mußte sich also benutzen lassen. Und immer wieder gab es Menschen, die darüber wachten, daß sich viel Ertrag daraus ergebe, Menschenmaterial für Krieg, Rüstung, Fronarbeit. Denken wir nur an das Mutterkreuz der menschenverachtenden Nazidiktatur. Liebe allein reicht scheinbar nicht.

Aber unsere heutige Evangelium (Frohbotschaft) stand auf den Fahnen noch schlimmerer Menschenverachtung. Als Winzer betrachtete die Kirche Gott Vater, der durch seinen Weingarten geht und Ordnung schafft. Mein Vater wird kommen, um, was nicht Frucht bringt abzuschneiden und ins Feuer zu werfen. Frucht bringen interpretierte man als Übereinstimmung mit den Kirchendogmen, den in Marmor gemeißelten Glaubensdoktrinen. Jede Abweichung wurde geahndet mit dem Weggeschnitten-werden, mit dem In-den-Tod-gestoßen-Werden - ins Feuer und danach in die Hölle. Im heutigen Evangelium sah die Inquisition ihre Rechtfertigung, sie verstand sich als verlängerter Arm Gottes. Warum auf Gott Vater warten? Wir wissen doch was er will. Wir können ja jetzt schon einmal anfangen das unnütze Unkraut auszureißen.

Doch wir müssen genauer hinhören was Jesus sagt und wir müssen weiterlesen. Manchmal verstehe ich unsere Leseordnung nicht. Ohne die nachfolgenden Verse 9-17, die sich mit Liebe und Glück befassen, laufen wir Gefahr, das Bild von der Rebe mißzuverstehen, fehl zu interpretieren.

Nirgendwo steht etwas davon, daß eine reife Frucht abgenommen und abgeliefert werden müsse, sondern die Frucht, die Fruchtbarkeit besteht vielmehr in dem Glück, das die Liebe sich schafft. Etwas höheres soll dabei gar nicht herauskommen – es genügt vollkommen, daß Menschen zueinander fänden und glücklich seien! Die Liebe genügt sich selbst. Johannes zitiert Jesus: Das habe ich euch gesagt, auf das meine Freude in euch sei und euer Glück vollkommen sei. Dadurch wird mein Vater verherrlicht. Es geht darum zu lieben und auch darum geliebt zu werden, glücklich zu sein und andere glücklich zu machen. Was Jesus uns sagt: Ihr seid in meinen Augen liebenswürdig ganz und gar.

Wir erkennen: Gott selber im Himmel, Gott als Schöpfer der gesamten Welt, erscheint uns in ganz und gar väterlichen bzw. mütterlichen Zügen. Er wird nicht besser verehrt, als indem wir Menschen es wagen, wir selber zu sein – so zu sein wie Gott uns geschaffen und gewollt hat – seine Kinder. Wenn uns die Liebe dazu begleitet, uns selbst zu riskieren und unser Herz so zu weiten, daß es zusammenwächst mit der Person auch nur eines einzigen anderen Menschen, dann haben wir Jesu Worte befolgt. .. Dazu weise ich euch an: daß ihr einander liebt, sagt am Ende der Jesus des Johannes-Evangeliums.

Wir brauchen keine Angst davor zu haben ausgerissen zu werden, verbrannt zu werden – ganz im Gegenteil: Wir dürfen uns freuen, weil wir geliebt werden. Und wir sollten jenen die Augen öffnen, die weiterhin zittern vor dem Bild einer zürnenden, strafenden Gottesfratze und auf ein Leben in Glück, ein Leben in Liebe und Fürsorge verzichten. Gott helfe uns dabei!

Amen



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