André Golob

Anmeldedatum: 21.10.2006 Beiträge: 129 Wohnort (nur bei Vollmitgliedschaft erforderlich ): 46236 Bottrop
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Verfasst am: 21.10.2006, 17:28 Titel: Mk 11, 1-10 Quo Vadis ? |
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09.04.06 Predigt zu Markus 11,1-10
Eucharistiefeier
Palmsonntag im Jahreskreis B
Alt-kath. Gemeinde Düsseldorf, 9.4.2006, 10.30 Uhr
Klarenbachkapelle
Leitung und Predigt: Vikar Dr. André Golob
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Mk 11, 1-10 Quo Vadis ?
Ich war kurz vor meinem Abitur in Rom. Dort gibt es an der Via Appia eine kleine Kapelle, die heißt „Quo-Vadis-Kirchlein, ganz so wie der Roman bzw. der Film mit Peter Ustinov als Kaiser Nero. Der Roman basiert auf einer alten Legende. Es wird erzählt, daß zur Zeit der blutigen Christenverfolgung unter Nero Petrus, der Jünger Jesu, von seinen Mitchristen gedrängt wird die Stadt zu verlassen, sich in Sicherheit zu bringen, da es zu gefährlich ist für ihn. Petrus läßt sich überreden. Doch vor dem Stadttor Roms kommt ihm Christus entgegen. Verwundert fragt ihn Petrus: „Quo Vadis Domine? Wohin gehst du Herr?“ Er erhält die Antwort: „Ich gehe nach Rom, um mich erneut kreuzigen zu lassen“. Diese Vision von der Begegnung mit Christus bewegt Petrus zur Umkehr. Er geht zurück in die Stadt, um wenig später ergriffen und gekreuzigt zu werden.
Wenn ich an diese Geschichte denke, dann drängt sich auch mir seine Frage auf als Frage nach dem Weg Jesu durch diese, durch unsere Welt. Wir haben heute gehört wie Jesus in Jerusalem auf einem Esel einzieht. Ein symbolischer Akt, mit Blick zurück in alttestamentliche Zeiten. Salomo z.B. wurde zum König gemacht, indem er auf das Maultier seines Vaters David gesetzt wurde. Auch er zog unter Jubelgeschrei in die Heilige Stadt ein. Seit alters her galt der Esel als Reittier des Messias. Gott hat sich in den Juden nicht nur ein ziemlich unscheinbares Volk auserwählt, er läßt auch seine Könige und Anführer auf Eseln reiten, statt ihnen Pferde, Kamele oder Elefanten zur Verfügung zu stellen. Das sagt viel aus über Gott. Warum hat Gott sich eine kleine unbedeutende Nomadentruppe auserkoren, als herausragendes Beispiel für alle Völker der Welt. Warum hat er nicht eines der großen Kulturvölker auserwählt; „hoch zivilisierte Völker“ wie die Ägypter, die Hethiter, die Griechen oder gar die Römer, denen die halbe Welt gehörte, mit starken Helden wie Herkules oder Odysseus. Nein in den Augen Gottes ist Größe nicht das, was wir unter Größe verstehen.
Der Prophet Sacharja hatte es früh begriffen. Er prophezeit einen sanften, hilfreichen, friedliebenden Messias. Es hat sich erfüllt. Der eigenartige königliche Weg Jesu, sein Einzug in Jerusalem bis zu seinem tragischen Ende, wird zu einer deutlichen Absage an alle machtpolitischen Ansprüche von Menschen, zu einem Verzicht auf Gewalt und unterdrückenden Machtmitteln. Doch die Menschen verstehen es nicht, zu sehr stecken sie in Denkschemen von Macht und Unterordnung, von oben und unten. So wird Jesus mit seiner neuen Botschaft zwischen allen Stühlen zerrieben. Immer einschnürender wird die Einsamkeit seines Weges, bis er, hängend zwischen Himmel und Erde, seine Gottverlassenheit im Sterben hinausschreit.
Im Vergleich zu ihm scheinen die Kalkulatoren der Macht gesiegt zu haben, es siegt die Verschwörung des Bösen, die Herrschaft der Angst, des Leids. Aber alle, die siegten, besiegten nicht die Liebe Jesu. Angesichts dieses Weges Jesu drängt sich mir die Frage auf, mir als Menschen und Christ. Quo vadis – Wohin gehst Du? Gehe ich den Weg der Liebe wie Jesus? Versuche ich noch, diesen Weg immer wieder aufzunehmen, oder scheue ich ihn, da er schmerzhaft mit Leid und Enttäuschung verbunden ist?
Häufig machen wir die Erfahrung, das wir einander lieben möchten, doch nicht genügend können oder zurückgewiesen werden. Zu oft scheitern wir in unseren Versuchen andere zu lieben, ihnen gutes zu tun. Zu oft werden wir vor den kopf gestoßen, zumeist vielleicht unbeabsichtigt. Liegt es vielleicht an uns? Haben wir ein zu hohes Bild von den Menschen? Erwarten wir von unsere Mitmenschen zuviel? Fordern wir von ihnen nicht manchmal mehr als wir uns selbst auferlegen? Sogar Freunde sind nur Menschen. Wer einen perfekten Freund sucht hat schon verloren, denn den gibt es nicht, denn auch er ist Mensch. Wir werden enttäuscht von denen die wir lieben, das ist klar, da braucht man gar nicht alt und erfahren sein, um das zu wissen. Da liegt die Einsicht nahe, daß wir ohne ein gutes Stück leidender Liebe nicht recht Mensch und Christ werden können. Das ist übrigens auch eine alte Erfahrung. Sagen wir doch zu einem Menschen, den wir mögen: Ich mag dich leiden, und das bedeutet: ich möchte das Leid an dir in Kauf nehmen und dir so zeigen, daß ich dich liebe. Manche Redensarten stecken voller Weisheit!
In unserem Alltag begegnen uns tagtäglich Menschen; darunter am Arbeitsplatz oder in der Familie, in der Kirche oder in Vereinen oder wo auch immer, Menschen, mit denen es einfach nicht klappt, Menschen, mit denen wir es versucht haben, versucht haben zu sprechen, aber nichts als Sturköpfigkeit erleben mußten, Menschen von denen wir vor den Kopf gestoßen wurden, von denen wir bitterböse enttäuscht sind, die wir gut und gerne hassen könnten. Ob wir, wenn wir an sie denken, uns neu entschließen sollten, wie Jesus Narren der Liebe zu werden und es neu mit ihnen versuchen; Narren, die sich preisgeben, die sich dem Leiden aneinander, füreinander, umeinander aussetzen in der Überzeugung, daß letztendlich die Liebe siegt.
Die bange Frage, ob wir dabei nicht den Kürzeren ziehen und schließlich doch zu Verlierern werden, beantwortet uns nur Jesus, dessen leidvoller Kreuzweg sich letzten Endes doch als ein königlicher Weg erwiesen hat.
Quo vadis, wohin gehst du ? – eine entscheidende Frage, für jeden von uns.
Amen.
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