André Golob

Anmeldedatum: 21.10.2006 Beiträge: 129 Wohnort (nur bei Vollmitgliedschaft erforderlich ): 46236 Bottrop
|
Verfasst am: 17.07.2007, 20:44 Titel: Angola – Internationales alt-katholisches Missionsprojekt |
|
|
Angola – Hoffnung zwischen Ruinen
Internationales alt-katholisches Missionsprojekt
Schritte hallen über den Platz. Zwei Sanitäter tragen ein blutüberströmtes Kind auf einer Bahre an dem verblichenen Porträt des Staatsgründers Agostinho Neto vorbei in das einzige Hospital der kleinen Stadt Malanje. In den Krankenzimmern liegen Frauen, denen Tellerminen Arme und Beine abgerissen haben. Unter ihnen Milagre Pascoal, eine Mutter von dreißig Jahren. Sie erzählt, wie es sie beim Ausgraben von Kassava-Wurzeln erwischt hat. Sie hebt die Decke hoch und zeigt den eitrigen Stumpf, der von ihrem rechten Bein übrig geblieben ist.
Solches Szene und Schlimmeres berichtet Afrikakorrespondent Bartholomäus Grill aus Angola. Wir schreiben das Jahr 2007, das Kriegsjahr 32. Oder ist es das 49. Kriegsjahr? Das kommt darauf an, wie wir zählen. Wir können 1961 beginnen, als die Angolaner sich gegen das portugiesische Kolonialregime erhoben; oder 1975, im Jahr der Unabhängigkeit, als der Bürgerkrieg ausbrach. Den Menschen in Angola aber ist es einerlei, wie wir rechnen. Sie kennen nur den Krieg, den ewigen Krieg.
Irgendwann ist im Land an der Ostküste Afrikas die Zeit stehengeblieben. Wie viele Menschenleben dieser Krieg zwischen den Regierungstruppen (MPLA) und der konservatven Uniâo Naçional para a Independêntia Total de Angola, kurz Unita, schon gekostet hat, ist kaum nachzuvollziehen. Die sogenannte Nelkenrevolution stürzte die Caetano-Diktatur in Portugal und beendete damit die Kolonialherrschaft in Angola. 1975 wird das Land in die Unabhängigkeit entlassen. Seither regiert die MPLA, ein korruptes marxistisches Regime, damals von der Sowjetunion mit Waffen und von Kuba mit Söldnern unterstützt.
Die rechtsgerichtete Unita wurde alimentiert von Amerika, und klammheimlich von Südafrika. Es entbrennt einer jener klassischen Stellvertreterkriege, die wir aus anderen Ländern wie Vietnam kennen. Heute ist Angola das einzige Land, in dem es mehr Landminen als Menschen gibt. Mit zehn Millionen übersteigt ihre Anzahl die der Bevölkerung bei weitem. Und der Krieg geht weiter, weil keiner den anderen besiegen kann und beide über schier unermeßliche Rohstoffe verfügen, um den Krieg zu finanzieren: Erdöl respektive Diamanten – Rohstoffe, die einen Frieden in Wohlstand sichern könnten. Die meisten Menschen sind zu jung um sich noch an den Frieden zu erinnern, die meisten von ihnen kennen nur Krieg. Seit 1988 zerbrachen fünf Friedensabkommen, das letzte 2002 – dazwischen drei gescheiterte Friedensmissionen der Vereinten Nationen. Schulen und Krankenhäuser, Straßen, Brücken, Schienenstränge, Stromleitungen, die wirtschaftliche und soziale Infrastruktur ist flächendeckend zerstört. In den Fabriken stehen alle Räder still, die Kaffeeplantagen werden von tropischer Wildnis überwuchert. Es herrscht Hungersnot, Millionen Flüchtlinge suchen Hilfe - Massenelend pur. Und trotz alledem stirbt die Hoffnung zuletzt.
`Beten und hoffen, beten und abermals hoffen, beten und dann was tun´ ist die Devise der anglikanischen Diözese von Angola. Bischof André Soares betonte in einem Schreiben an das niederländische, alt-katholische Missionswerk SIOH: „Wir sind beherrscht von der visionären Kraft Christi, der nicht nur ein Fürsprecher des Friedens war sondern sich aktiv für den Frieden einsetzte, bis dass er sein Leben für ihn hingab.“ Soares ist überzeugt, dass die Frohe Botschaft sein Volk der Depression entreißen kann und ihm wieder Hoffnung schenken wird in Zeiten absoluter Perspektivlosigkeit und Resignation.
Deshalb wandte er sich mit der Bitte an die Internationale alt-katholische Mission, ein Bildungsprojekt zu unterstützen in dem Geistliche und pastorale Helfer ausgebildet werden. Die Ausbildung soll seelsorgerisch schulen und Wissen vermitteln, das weitergegeben werden kann. Mission und Bildung sollen ineinander fassen. Auf dem internationalen Alt-Katholiken Kongreß in Freiburg schlug deshalb Trudi Smit vom niederländischen Missionswerk SIOH dieses Projekt als ein gemeinsames vor. Es ist eine gute Tradition, dass neben ihren nationalen Projekten und Programmen die Missionswerke der einzelnen Länder auch ein gemeinsames Projekt in Angriff nehmen.
Die gemeinsame Missionsarbeit war in der Vergangenheit sehr erfolgreich, wie sich am Reisbankprojekt der Philippinen ablesen läßt. Die Vorstellung des angolanischen Projektes durch Trudi Smit überzeugte die Freiburger Teilnehmer auf ganzer Linie. So war es keine Überraschung, dass alle Vertreter zustimmten, dieses Projekt für drei Jahre zu unterstützen. Stellten die Friedensbemühungen in Angola bislang eine Geschichte der Vergeblichkeit dar, so wollen wir dennoch hoffen, das alle Gewalt, Elend und Verzweiflung, die ein solcher Krieg gebiert, der Hoffnung auf Frieden weichen wird. Vielleicht gelingt es, einen der größten und verheerendsten Kriegen, der in diesen Jahren die Welt verwüstet, Einhalt zu gebieten. Auch Alt-Katholien versuchen ihren bescheidenen Betrag hierzu zu tun.
André Golob |
|