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Mt 14, 22-33: Eine Geschichte von Angst und Vertrauen

 
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André Golob



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BeitragVerfasst am: 18.06.2007, 09:06    Titel: Mt 14, 22-33: Eine Geschichte von Angst und Vertrauen Antworten mit Zitat

Andacht
zum Anlaß des ökumenischen Markstands „Werdet wie die Lilien auf dem Felde“
Bottrop 23.5.2007, 12.00 Uhr, St. Cyriakus
Leitung und Predigt: Pfarrer Dr. André Golob (alt-katholische Gemeinde)
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Mt 14, 22-33 Eine Geschichte von Angst und Vertrauen


Mich erinnerte die Geschichte des Petrus, der auf dem Wasser wandelt an eine Szene aus meiner Kindheit. Ich weiß nicht ob es auch Ihnen ähnlich erging. Es war Heiligabend und zwischen Krippe und Tannenbaum stand ein merkwürdiges Gebilde, ein Konglomerat aus Geschenkpapier und Tesafilm – filigran zusammengeklebt. Es verbarg sich unter dieser Geschenkpapierhaube ein quietschrotes Fahrrad. Ich fand es wunderschön. Außerdem befand sich daneben noch ein Paket mit den dazugehörigen Stützrädern. Na ja, einige Wochen trainierte ich mit den Stützrädern und irgendwann wurden diese dann abgenommen. Es begann der zweite Schritt der Fahrradfahrschule. Meine Mutter faßte hinten am Gepäckträger und lief mit mir mit. Mir war schon etwas mulmig zumute ohne die Stützräder, aber da meine Mutter mich festhielt und mitlief war ich mutig. Eines Tages dann, ich weiß noch, es war ein sonniger Tag und die Luft roch nach Flieder, ereignete sich etwas Einschneidendes. Ich radelte los, meine Mutter hinterher, den Gepäckträger fest im Griff. Ich war besonders sicher und radelte drauf los, der Sonne entgegen. Nach einer langen Strecke blickte ich mich zu meiner Mutter um, und sah sie nicht mehr. Ganz hinter stand sie am Anfang der Straße und hatte losgelassen. Eben noch sicher und erhobenen Hauptes, begann ich zu straucheln, Sicherheit und Selbstbewußtsein waren weg und dann geschah es: Ich legte mich so richtig auf die Nase.

Es ist wie das heutige Evangelium eine Geschichte von Angst. Die Angst vor den Fluten läßt Petrus ins Wasser stürzen, und auch mich damals brachte die eigene Angst, der Mangel an vertrauen in meine Fähigkeiten zu Fall.

Es tut Not die Bibel, das Evangelium, die heutige Geschichte ein Stück weit von innen her zu begreifen, die Symbole zu erkennen, um so Gott näher zu kommen. Schon die frühe Kirche hat in dem Meer nicht einfach nur einen bestimmten Ort in Galiläa gesehen, sondern eine Chiffre für unsere Lebenssituation überhaupt. Haben sie schon einmal das Meer im Sturm erlebt und was es heißt auf diesem dunkel-brodelnden Hexenkessel ein Schiff zu steuern. Manchmal geht es in unserem Leben genauso. Wir fühlen uns hin und her geworfen - ein Spielball in den Händen anderer. Haltlos, fast ohnmächtig erfahren wir das Leben wie die tosende See, als gähnenden Chaosrachen, der sich jederzeit unter uns öffnen kann. Uns verschlingen kann mit seinem unberechenbaren Leid. Krankheit, Enttäuschung, Verletzung, Arbeitslosigkeit, Armut, Tod, Mißhandlung – aber auch das Gegenteil kann uns erwarten. Wir wissen nicht was es letztendlich wird, können aber dem Meer des Lebens nicht ausweichen. Wir müssen uns also auf das Wasser einlassen. Die Frage ist nur, wie wir damit leben.

Das heutige Evangelium fordert uns diesbezüglich auf, nicht in Panik zu verfallen, sondern eine Haltung einzunehmen, die Jesus uns vorlebt.
Es gilt nicht vor den Drohungen und Gefahren der Welt zurückzuschrecken, nicht sich zu ängstigen, sich voll zu koten wie ein in die Enge getriebenes Tier – zitternd und schweißnaß. Dann haben wir bereits verloren, uns selbst aufgegeben – gescheitert an der Welt. Angst kommt von innen, sie nagt an unseren Eingeweiden und kann uns allen Halt nehmen, wenn wir nicht „Nein“ sagen.

Jesus zeigt uns, wie wichtig es ist Sicherheit zu gewinnen. Sicherheit in uns selbst zu finden, Vertrauen zu uns selbst. Jesus steht sicher auf den Wassern und richtet von dort seine Botschaft an uns. Er zeigt uns, ihm kann nichts passieren, die Welt kann ihm nichts anhaben. Und das kann uns Mut machen, die Allmacht der Angst zu bekämpfen und unserem Leben eine Chance zu geben.

Angst lähmt, Angst tötet, Angst verfolgt und bedroht. Vielleicht resultiert sogar all das Böse in unserer Welt aus Angst. Aber nur dann wenn wir es zulassen. Ohne Angst können wir auf der Brüstung des Empire State Buildings balancieren, ohne zu straucheln. Hätten wir aber Höhenangst so würden wir buchstäblich in die Tiefe gezogen.

Jesus macht es uns vor. Er leitet Petrus an, als hätte er ihm Stützräder angeschraubt. Er lockt ihn und zeigt ihm wie es geht. Es ist fast eine therapeutische Geschichte. Wie ein Psychotherapeut nimmt er die Angst von seiner Seele. Und es ist Petrus tatsächlich möglich aufrecht durch die stürmische See des Leben zu gehen. Jesus befreit uns von der Angst, er macht uns frei – zeigt uns: auch du kannst auf dem Wasser gehen – in der Welt zurecht kommen. Wie eine Mutter, die ihrem Kind die Albtraumgestalten der letzten Nacht ausredet, so verhält sich Christus zu uns – er bringt uns ins Lot. Er gibt uns den Glauben an uns selbst zurück, lehrt uns uns selbst anzunehmen und zu lieben und macht uns so lebensfähig. Dann bekommt der Begriff „kleingläubig“ eine ganz andere Bedeutung.

Letztendlich ist es der Kleinglaube und die Angst, die darüber entscheiden, wie stark das Meer unter uns und in uns tost und tobt. Allein der Glaube und das Vertrauen vermögen den sturmgeschüttelten Fluten Einhalt zu gebieten.

Und das Meer symbolisiert noch mehr. Es symbolisiert auch unsere metaphysische Angst. Meer steht nicht nur für den Abgrund der Seele, sondern auch für den Abgrund unseres Lebens – die Hinfälligkeit und Todverfallenheit, die Angst vor dem vermeintlichen Nichts, der Sinnlosigkeit, der Gottlosigkeit.

Irgendwann ereilt jeden von uns die Situation, da kein Arzt, keine Priesterin uns mit einem weisen Rat zur Seite stehen kann – wo nur noch der Tod auf uns wartet. Es ist dann im Grunde ein letztes Mal wichtig, Vertrauen zu finden gegen die Angst. Es ist dann noch entscheidender, sich in Gott zu verankern und mitten im Sturm die Schritte übers Meer zu wagen. Auch der Tod ist nicht unser Feind, vor dem wir Angst haben müßten

Es ist die wichtigste Kunst in unserem Leben – das eigentliche Wunder unseres Daseins – mitten in der Angst diesen Frieden, diese Ruhe, dieses Vertrauen nicht zu verlieren; trotz aller Stürme.

Doch das Evangelium zeigt uns auch, daß das nicht leicht ist und es einiges an Mut bedarf Jesus übers Wasser zu folgen. Petrus, der sich häufig so viel vornimmt und wieder einmal mehr scheitert, als er in die Fluten sinkt, steht für uns Menschen. Nicht immer sind wir stark und wenn uns einst der Tod ereilt, dann kann es sein daß wir voll Angst schreien und brüllen: Herr hilf mir in meiner Not. Auch dann, das zeigt uns das heutige Evangelium, steht ER uns zur Seite.

Was uns leben läßt und rettet ist Tag für Tag der stille Glaube an die ständige Gegenwart Gottes, der den Sturm beruhigt und seine Hand ausstreckt, damit wir ihm folgen – aufrecht und glücklich, ohne Angst und Furcht – durch alle Stürme des Lebens. So daß wir werden wie die Lilien auf dem Felde, die ohne Angst vor dem Morgen, ihr Schicksal Gott anvertrauen.

Amen
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