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Lk 14, 1.7-14: Empathie statt Neurose

 
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André Golob



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BeitragVerfasst am: 13.09.2007, 01:24    Titel: Lk 14, 1.7-14: Empathie statt Neurose Antworten mit Zitat

22. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C
Eucharistiefeier, 29.8.2004, 11.30 Uhr
Thomaskapelle in der Tersteegenkirche
Leitung und Predigt: Vikar Dr. André Golob



Lk 14, 1.7-14 Empathie statt Neurose


Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt und wer sich selbst erniedrigt, wir erhöht werden. Ein Satz göttlicher Weisheit, der aber in falschen Händen zu einem Medium der Unterdrückung wird. Es gilt ihn recht zu verstehen.

Dabei ist es wichtig zu schauen aus welchem Munde dieser Satz kommt. Viele, dazu gehören auch die Kirchen, haben sich diesen Satz zueigen gemacht und drohen mit erhobenem Finger – fordern die Erniedrigung quasi ein. Nicht selten hat Kirche als Über-Ich-Instanz, diese Forderung im Gewissen einzelner Menschen eingebrannt. Tief im Unterbewußten sitzt dieser Befehl sich unterzuordnen, seinen eigenen Wünsche keine Bedeutung zuzumessen, sich für andere aufzuopfern.

Selbst bleiben sie im Hintergrund, unscheinbar, zurückhaltend, still – unbewußt leidend. Denn nimmt diese Selbstlosigkeit, diese fast masochistische Aufopferung für andere Überhand, findet der Mensch nur noch Sinn, wenn er sich erniedrigt, sich gering achtet, sich selbst in Frage stellt, nicht mehr lebt für sich, sondern nur noch für andere - dann ist das tatsächlich krank. Neurose nennt es die Psychoanalyse.

Schon als Kind wird solchen Menschen Unterordnung anerzogen, fast andressiert. Schon früh lernen sie, wie verwerflich es ist eigene Wünsche zu formulieren. Das Wort wird ihnen förmlich abgeschnitten, von der Zunge geschlagen. `Sei ruhig wenn Erwachsene sich unterhalten, was interessiert Du uns denn, sei deinen Eltern untertan, es ist deine verdammte Pflicht dich für andere aufzuopfern´. Dann kommen die Institutionen, vor denen man sich bücken muß: Lehrer, Vorgesetzte – Befehlshaber. Sich etwas zu gönnen, sich selbst zu mögen, Freude zu empfinden, mal nein zu sagen – all das ist aus dieser Perspektive Sünde – Aufmüpfigkeit gegen die göttliche Forderung nach Erniedrigung. All das darf nicht geschehen, sonst werde ich einst nicht am Tische Gottes sitzen. Wieder einmal wird man an Karl Marx Slogan von der Religion als Opium für Volk erinnert. Sei ein Untertan, mucke nicht auf und du wirst einen Platz im Himmel haben.

Jesu Worte verzerrt, verstümmelt, zu einem Medium der Unterdrückung, ein Medium psychischer Deformation und Krankheit. Erniedrigung eingefordert von Menschen ohne Einfühlung, eingefordert von Menschen, die ihren eigenen Profit im Auge haben, die willfährige Untertanen suchen ohne eigene Stimme. Sie greifen dabei skrupellos zurück auf das heutige Jesuswort – es ist ekelhaft.

Das hat Jesus nicht gemeint. Und im Gegenteil er will solche Gebeugten aufrichten, ihnen Stimme geben, zum Ausbruch verhelfen, endlich einmal etwas für sich zu tun.

Was er eigentlich anprangert im heutigen Evangelium ist zum einen der Ehrgeiz mancher Menschen, die meinen sich durch übereifriges Verhalten, Gottes Gewogenheit und Gnade erarbeiten zu können. Zum anderen ist es ihr Egoismus – der Wunsch als erste das Seelenheil zu erlangen, zu meinen man könne Vorteile erringen an den anderen vorbei und auf Kosten der anderen. Religiöse Streber könnte man sie nennen.

Nein mit Gott ist es ganz anders. Jesus schmeißt alle jüdische Logik um. Nicht der Eifrigste, der der die Gesetze am genauesten hält, der vermeintlich auserwählter Priester, der sich selbst den Platz neben Gott auserkoren hat, ist der Höchste. Ganz im Gegenteil der Niedrigste erhält den besten Platz. Und der Niedrigste im Horizont des Judentums ist der Sünder, d.h. der Lepröse, der Verkrüppelte, der Blinde und Stumme, der vermeintlich von Gott geschlagene wird oben sitzen. Das ist nackte Anarchie, die Umkehr aller Moral - ein wohltuenedes, sympathisches, jesuanisches Chaos.

Sich mit denen, mit dem , auf eine Stufe zu begeben, sich ihnen zu zubeugen, alle Arroganz fallen zu lassen, Mitgefühl zu zeigen, an die zu denken, denen es schlecht geht, das ist Zeichen wahrer Größe. Darum geht es, um die wahre Größe.

Als Lukas dies schrieb hatte er die Mißstände in seiner Gemeinde vor Augen, den Ehrgeiz mancher Gläubigen, ihr Fehlverhalten bei der Eucharistiefeier, ihr Bestreben den besten Platz zu ergattern. Möglicher Weise zeigt er auf die Spitze eines Eisbergs – des Eisberg der Unüberlegtheit, der Arroganz, der Gleichgültigkeit anderen gegenüber. Es ist wie mit unserem Wirtschaftssystem – Ellbogen zeigen aufkosten Benachteiligter.

Ein wenig Bescheidenheit ist da gar nicht so schlecht. Aber nicht Bescheidenheit aus einem heils-ökonomischen Kalkül heraus. Die Gnade Gottes, meine Erhöhung durch Gott kann ich nicht durch eigenes Tun erlangen, mir nicht erwirtschaften. Sobald ich kalkuliere, sobald ich denke, ich erniedrige mich, damit ich dann erhöht werde, habe ich prinzipiell nichts verstanden. Denn wer sich erniedrigt um erhöht zu werden, erniedrigt sich ja nicht eigentlich, sondern erhöht sich und deshalb wird er erniedrigt. `Wenn du denkst du denkst, dann denkst du nur du denkst´, lautete ein Schlager von Juliane Werding.

Gott will, das wir unser Herz auf machen. Erniedrigung, das eigene klein machen durch Aufopferung und Zurückhaltung kann nur geschehen aus einem ehrlichen Mitgefühl für andere nicht aus einem inneren Zwang oder Angst oder gar Berechnung. Dies zeigt auch der zweite Teil der heutigen Lesung. Etwas zu verschenken, weil man selbst etwas geschenkt bekommen will, etwas zurückhaben will, ist keine Glanztat - es ist kein selbstloses Tun. Erst wenn ich etwas gebe, aus dem tiefen Gefühl meinem Gegenüber etwas gutes zu tun ohne etwas zurück bekommen zu wollen, ist das ein wahres Geschenk, ein selbstloses Geschenk.

Aber es ist schwer mit der Selbstlosigkeit, und den Gebeutelten und Armen in den benachteiligten Regionen unserer Welt ist es möglicher Weise sowieso einerlei aus welchen Grund ihnen geholfen wird, aus welcher inneren Disposition heraus das Geld gespendet wird. Bei Gott - und das ist das religiöse Moment - bei Gott zählt trotzdem nur meine innere Disposition, es zählt warum ich gebe, nicht wieviel es ist. Das Innere Geschehen beim Handeln ist das Entscheidende. Ob ich von oben herab gebe oder mich gleich mache beim Geben, das merken im übrigen auch die Menschen in der Dritten Welt.

Jesus hat uns gezeigt, daß alle altgewohnten Normen aus den Angeln gehoben werden können, wenn Gott es so will. Die sich erhöhen fallen nieder, die Niedrigen steigen auf, Aussättige und Outlaws versammeln sich am Tisch Gottes. Ja den Schwächsten seiner Jünger, Simon Petrus, der der immer wieder scheitert bei dem Versuch Jesu zu folgen – ob über das Wasser oder als der Hahn dreimal kräht - einen solchen macht er zum Fundament der Kirche – einen Loser.

Auch wenn Gott uns ein ethisches Verhalten anempfiehlt, so müssen wir uns bewußt sein: Gnade kann ich mir nicht erarbeiten, egal durch welches Verhalten. Auch wenn ich mich noch so sehr erniedrige so ist die Gnade Gottes ein Geschenk. Und wir wissen, ein wahres Geschenk ist etwas, das selbstlos ist – kein Verdienst, sondern Geschenk eben! Auch Gott lädt ein, nicht die, von denen er etwas erwartet, sondern besonders jene, die nichts zurückgeben können – darin zeigt sich seine wahre Größe.

Amen.
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